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Fernsehen in der Internet-Welt

»Echt Böhmermann« und Christiansen zu Besuch bei »Second Life«

Münster (dpa). Traumhaus, Waschbrettbauch und Sportwagen: In der virtuellen Welt »Second Life« können Menschen als so genannte Avatare eine Zweitidentität annehmen und Träume verwirklichen.
Mehr als 5,6 Millionen haben sich weltweit angemeldet, etwa zehn Prozent von ihnen sollen aus Deutschland sein. Doch die im Jahr 2003 gestartete Online-Welt ist längst nicht mehr nur ein Ort persönlicher Sehnsüchte, sondern auch eine Spielwiese für Unternehmen. Firmen bauen virtuelle Filialen, verschenken Kleidung mit ihren Logos oder testen neue Produkte. Bild.T-online gibt mit dem »Avastar« eine virtuelle Gazette heraus. Nun will der Westdeutsche Rundfunk als erster deutscher Sender eine Sendung im »Second Life« zeigen.
Heute wird um 20 Uhr eine Ausgabe der neuen Comedy-Reportage »echt Böhmermann« zu sehen sein. »Das Ganze ist ein Experiment«, sagt der Leiter der WDR-Projektredaktion, Sebastian Remmel. Ein dauerhaftes Engagement des Senders in »Second Life« sei derzeit noch nicht vorgesehen. Zunächst müsse geprüft werden, wie der Pilotversuch angenommen werde. Laut Remmel soll damit vor allem ein junges Publikum angesprochen werden. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei es geradezu verpflichtend, sich neuen, frei zugänglichen Kanälen zu öffnen, sagt er.
Um der Premiere beizuwohnen, müssen Avatare ein eigens programmiertes Kinozelt vor der virtuellen Filiale der Rheinischen Fachhochschule Köln in der Online-Welt besuchen. Die Hochschule, die die Programmierung für den WDR übernommen hat, entdeckte die Zweitwelt im vergangenen Jahr für die Lehre und bietet dort seit dem Wintersemester 2006/2007 Zusatzveranstaltungen an.
TV-Moderatorin Sabine Christiansen, die im Juni mit ihrem ARD-Talk aufhört, wird laut eigener Aussage ebenfalls bereits Ende kommender Woche mit ihrer CNBC-Show »Global Players« im »Second Life« vertreten sein. Dabei sei sie vor allem gespannt darauf, ob die Mitspieler im Internet, die die Inhalte der Show mitbestimmen können, vielfältige Vorschläge einreichen. Christiansen tritt in der Internetwelt unter ihrem eigenen Namen auf und ihr Avatar, die virtuelle Figur, kommt dem wirklichen Äußeren nahe.
»Jeder kann machen, was er will - genau das ist der Reiz«, sagt Werbemacher Markus Bokowsky über die Internetzweitwelt. Probleme bereite momentan noch die Instabilität des technischen Systems. »Das Programm stürzt manchmal ab und ist einen Tag nicht erreichbar«, sagt Bernd Schmitz, Dozent der Rheinischen Fachhochschule Köln. Second Life ist eben eine erste Stufe kommender 3-D-Welten. Die Online-Welt ist unter www.secondlife.com zu betreten.

Artikel vom 19.04.2007