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Busse sollen den Bahnhof neu beleben

Bezirksvertretung berät über eine Verlagerung aus dem Zentrum in den Süden der Stadt

Von Ulrich Hohenhoff
Brackwede (WB). Neues Leben soll im Bereich des ehemaligen Hauptbahnhofs Brackwede einziehen: Die Bezirksvertretung wird in ihrer heutigen Sitzung über eine Verwaltungsvorlage beschließen, nach der Haltestellen für Fernreisebusse aus dem Zentrum Bielefelds nach Brackwede verlagert werden sollen.

Alternativ wurden auch andere Standorte untersucht: die Endhaltestellen Senne, Milse und Sieker, die Elbeallee in Sennestadt, das Gewerbegebiet an der A 2 und die Endhaltestelle Lohmannshof.
Eindeutiges Ergebnis der Standortuntersuchungen: Der Bereich am Brackweder Bahnhof ist am besten geeignet für die Verlagerung der Fernreisebusse vom Kesselbrink und Hauptbahnhof an die Eisenbahnstraße in Brackwede. Damit könnte auch das derzeit weitgehend leer stehende Bahnhofsgebäude wieder genutzt werden, sofern sich die Stadt Bielefeld mit der Deutschen Bahn AG einigt.
Zugleich mit den Fernreisebussen - vorwiegend aus Osteuropa - sollen auch die wartenden Stadtbusse vom derzeitigen Standort Stadtring zum Bahnhof verlegt werden. In der Vergangenheit hatte es mehrfach Anliegerproteste gegeben, weil die an der Endstation Stadtring wartenden Busse den Bewohnern der oberhalb liegenden Ein- und Mehrfamilienhäuser ein Dorn im Auge waren. Nach der Beschlussfassung des zweiten Bielefelder Nahverkehrsplanes sollen die Linien 80, 82, 83 und 94 vom Stadtring an den Brackweder Bahnhof kommen. Vorteil für alle Busfahrer: Sie können ihre tonnenschweren Kolosse in der Eisenbahnstraße am Kreisel Hütten-/Stellwerkstraße ohne Behinderungen wenden.
Bereits im Juni 2003 hatten sich Brackwedes Bezirksvertreter im nichtöffentlichen Teil einer Sitzung mit der Verlagerung des Fernreiseverkehrs beschäftigt, der Verwaltung allerdings noch einige »Hausaufgaben« mit auf den Weg gegeben. Die sind in der jetzigen Vorlage alle aufgegriffen. Langfristig unumgänglich scheint die Schaffung von grundlegenden Infrastruktureinrichtungen, damit der neue Standort auch von den Reiseveranstaltern angenommen wird. Dazu gehören beispielsweise eine Toilettenanlage (keine einzelne Toilette), eine große Wartehalle, ein Büro für den Fahrkartenverkauf und Informationen sowie unter Umständen ein Bistro oder Café und Möglichkeiten zur Gepäckaufbewahrung.
Die Bezirksregierung Detmold begrüßt den Standort am Brackweder Bahnhof ausdrücklich, »da hier eine bessere Nähe zur Autobahn gesehen und die Bielefelder Innenstadt von zusätzlichen Busfahrten entlastet wird«. Bei der Stadt Bielefeld sind mehr als 70 verschiedene Konzessionen für Busfahrten aktenkundig, seit 2003 mit deutlich steigender Tendenz. Dabei hat die Osterweiterung der Europäischen Union (EU) nochmals zu einer deutlichen Steigerung des Verkehrsaufkommens geführt. Die überwiegende Anzahl der Fahrten findet zwischen Osteuropa und dem Ruhrgebiet statt - mit Zwischenstopp in Bielefeld. Häufiges Reiseziel sind auch die ehemaligen Teilrepubliken Jugoslawiens. Wenige Busse fahren nach Finnland, Frankreich, Portugal, Rumänien, Spanien und England.
Vorteile brächte die »Brackweder Lösung« allen Beteiligten. Durch den Wegfall der Fernreisebusse am Hauptbahnhof kann der Busverkehr auf dem gesamten Bahnhofsvorplatz neu geordnet werden, die Busverkehr Ostwestfalen GmbH (BVO) würde künftig alleiniger Nutzer am Leinenmeisterhaus. Und auch der Wunsch der Taxi-Innung auf längere Vorfahrten könnte umgesetzt werden. Am Kesselbrink könnte der Wegfall der derzeitigen Haltepositionen für Fernreisebusse für eine Neugestaltung des Platzes genutzt werden.
Die Vorprüfung des Immobilienservicebetriebes (ISB) jedenfalls hat ergeben, dass Toilettenanlage, Wartehalle und Kiosk problemlos im zum Verkauf stehenden Bahnhofsgebäude Brackwede gebaut werden könnten. Die laufenden Kosten würden sich nach der Verwaltungsvorlage ebenfalls rechnen. Für jede Anfahrt eines Fernreisebusses kann pro Tag und Abfahrt ein bestimmter Betrag erhoben werden. Bei etwa 1400 An- und Abfahrten pro Monat ergäben sich bei einer Erhebung von nur einem Euro jährliche Einnahmen von 17 000 Euro. Zudem kann auch noch für die Toilettennutzung ein Obolus kassiert werden.
Eine tolle Perspektive für das ziemlich ramponierte Bahnhofsviertel in Brackwede wäre es, wenn es auch noch gelingen würde, den heruntergekommenen Bahnhofstunnel zum Ortsteil Quelle zu renovieren.

Artikel vom 19.04.2007