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Die Sache mit der Wette

Theesener Hoch: Aufstieg in A-Junioren-Westfalenliga geglückt

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Wenn Stavros Labidis von seiner Aufstiegsmannschaft vorschwärmt, gehen ihm passende Vokabeln nicht aus. »Genial.« »Sagenhaft.« »Fantastisch.« »Fabelhaft.« »Toll.« »Brillant.« »Traumhaft.« »Granatenstark.« Der Trainer des A-Junioren-Landesligisten VfL Theesen hat allen Grund, stolz auf seine Crew zu sein, die bereits im Ziel angelangt ist, obwohl noch 450 Spielminuten ausstehen. Der VfL Theesen tritt 2007/08 in der A-Junioren-Westfalenliga an.

Der »stärkste A-Jugendjahrgang, den Theesen je hatte« (Labidis), fuhr bis heute sieben Siege und 16 Punkte mehr ein als der aktuelle Tabellenzweite SC Münster 08. Auch das Torverhältnis (66:13) drückt die VfL-Dominanz trefflich aus. Bloß Oliver Roggensacks FC Stukenbrock schaffte es, die weiße Weste des Meisters ein Mal zu beflecken - 0:3. »Da hat uns alle Leidenschaft gefehlt,« sagt Labidis. Leidenschaft. Eine dieser Vokabeln, die der Trainer-Autodidakt (»Manchmal bin ich ein bisschen durchgeknallt«) gerne gebraucht. »Ich muss nicht 58 Pfeile auf eine Tafel malen, um meine Philosophie zu vermitteln,« meint der frühere Jugendspieler des DSC Arminia. Leidenschaft (»Das ist der größte Prozentteil«) möchte er sehen. Disziplin. Ein Miteinander. Und Respekt untereinander. Theesens Spielsystem sei wohl am besten mit 3-1-3-2-1 zu beschreiben. Die letzte 1 stellt Ugur Pamuk dar. Die Sturmspitze aus der Windflöte gilt als Strafraumspieler par exzellence. »Der Junge ist so eiskalt. Das Beste, was ich bisher in Bielefeld gesehen habe,« schwärmt Labidis. Inzwischen ist auch der große DSC Arminia auf den treffsicheren Goalgatter aufmerksam geworden. Ein Vorgespräch zwecks eines möglichen Transfers hat bereits stattgefunden. Labidis gönnt seinem Schützling das Schaufenster Bundesliga. Letzte Zweifel bleiben aber, ob Pamuk diesen Sprung wirklich packt. »Bei uns hat er alle Freiheiten, muss nach hinten überhaupt nicht arbeiten. Da ist beim DSC völlig anders.«
Der Triumphmarsch von »Chef« Jakob Willenborg und Co. hat eine jahrelange Vorlaufzeit. »Es ist eine Wonne, den Entwicklungsprozess von Jakob, Fabian Flachmann, von Philipp Stüwe, Florian Merker und den anderen zu beobachten. Ich könnte sie alle aufzählen; hatte selten eine Truppe, die so intensiv trainiert. Das Niveau im Training ist noch zwei Klassen höher als im Spiel,« lobt Labidis den Aufwand, zu dem seine Eleven ohne Murren bereit sind. Ein Dankeschön geht auch an Terry Fitzgerald (68), seinen erfahrenen »Co«.
Rund um die Gaudigstraße steht aber nicht nur der Fußball an erster Stelle. »Es ist uns wichtig, dass es den Jungs gut geht,« sieht Stavros Labidis gute Nachwuchsarbeit als ganzheitliche Aufgabe an. Der Primus strahlt nicht zuletzt deshalb ein großes Selbstvertrauen und bedingungslosen Siegeswillen aus, weil Labidis seine Schützlinge gerne »stark redet. Manchmal komme ich mit einer Gänsehaut aus der Kabine, wenn ich mitkriege, wie die Jungs sich gegenseitig hochpushen.«
Eine »geheime Wette« hält die Spannung bis zum letzten Abpfiff aufrecht. »Schon nach dem dritten Spieltag meinten die Jungs, sie würden alle Spiele gewinnen. Das war ganz schön arrogant, da habe ich knallhart dagegen gehalten,« schmunzelt Labidis und rechnete seiner Crew vor, sie könne maximal 60 Punkte erreichen. Sollten die noch ausstehenden fünf Partien allesamt gewonnen werden, hätte Theesen 61 Zähler auf seinem Conto und den Coach damit ausgestochen. Der Wetteinsatz? »Geheim . . .,« so Labidis.
Am letzten Spieltag geht's nach Rheine. »Wir werden extra einen Tag eher anreisen und eine Art Abschlussfahrt davon machen,« spricht Theesens Trainer von »phänomenalen Bedingungen« auf der Anlage des FFC Heike Rheine. »Seit Jahren fahren wir nach Rheine ins Trainingslager. So auch in diesem Jahr. Die letzten vier Tage in den Sommerferien sind schon fest gebucht. Da holen wir uns dann den Feinschliff für die Westfalenliga.« Die neue Klasse birgt eine nicht gekannte Herausforderung für die Theesener Talentschmiede. »Das ist ein ganz anderes Kaliber als das, was wir bisher erfahren haben.«
Derweil ist Labidis guten Mutes, dass das Gros seiner Jungs, die jetzt altersbedingt in den Seniorenbereich wechseln, seinen Weg machen wird. »Wenn sie den Aufwand weiter nicht scheuen, werden sie sich in der Landesliga etablieren. Mindestens. Das Format haben sie.«
Gut möglich, dass demnächst an dieser Stelle ein weiteres Kapitel der Erfolgsgeschichte von der Gaudigstraße folgt. In der B-Junioren-Landesliga belegt der VfL Theesen unter Trainer Tim Daseking mit 35 Punkten und einem Spiel weniger als Spitzenreiter Preußen Münster II (38) den zweiten Tabellenplatz . . .

Artikel vom 19.04.2007