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Schieder-Mitarbeiter sind
wütend auf Deutsche Bank

300 Beschäftigte demonstrieren nachBetriebsversammlung vor Geldinstitut

Von Ingo Schmitz
Schieder-Schwalenberg/Detmold (WB). Zwischen Wut und Entsetzen schwanke gestern die Stimmung der Mitarbeiter von Schieder-Möbel. Sie mussten miterleben, wie ihre Existenz zum Spielball der Investoren wurde. 300 Beschäftigte quittierten dies mit einer Demonstration vor der Deutschen Bank in Detmold.

Gut eine Stunde dauerte gestern Mittag zunächst eine Betriebsversammlung im Schiederaner Werk. Dann verließen die aufgebrachten Mitarbeiter mit finsteren Mienen das Firmengelände von Europas größtem Möbelhersteller in Schieder. »Man hat uns mitgeteilt, dass die Brückenfinanzierung grundsätzlich steht, aber die Zusage der Deutschen Bank noch fehlt. Es ist schrecklich, so im Ungewissen zu sein. Ich weiß nicht, wie es für mich weiter gehen soll, wenn Schieder Möbel in die Insolvenz geht. Jeder von uns hat Verpflichtungen. Ich muss erst einmal mit meiner Familie darüber sprechen«, zeigte sich Thomas Heinke, seit 16 Jahren bei dem Unternehmen beschäftigt, sehr betroffen.
Belegschaftsmitglied Günter Matzke zeigte sich indes kämpferisch: »Das lassen wir uns nicht gefallen. Wir fahren jetzt nach Detmold, um dort vor der Filiale der Deutschen Bank zu demonstrieren. Ich hoffe, dass wir damit etwas erreichen können. Es muss hier in Schieder weiter gehen.«
Im Autokorso fuhren die Mitarbeiter geschlossen nach Detmold, um dort mit Trillerpfeifen und Gewerkschafts-Fahnen vor der Filiale der Deutschen Bank ihrem Unmut und ihrer Enttäuschung über das Verhalten des Kreditinstituts Ausdruck zu verleihen.
Zu den Demonstranten gesellte sich auch Dirk Schmidtmeier, Geschäftsführer der Schieder Möbelwerke. Er zeigte größtes Verständnis dafür, dass die Mitarbeiter um ihre Jobs kämpften. Für Reinhard Seiler, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Detmold, stellte er während der Demonstration Telefonkontakt mit Franz-Josef Golüke, Geschäftsführer der Schieder-Möbel Holding, her. Doch auch dieser konnte den Beschäftigten keine positive Nachricht übermitteln. Er ließ über Seiler verlauten, dass das Verhalten der Deutschen Bank eine für ihn »große Sauerei« sei. Dafür gab es ein zustimmendes Pfeifkonzert. Seiler betonte: »Zum ersten Mal sind sich die Geschäftsführung, die Belegschaft und die IG Metall einig.«
Der Erste Bevollmächtigte der IG Metall erklärte bei der spontanen Kundgebung: »Es geht um einen Überbrückungskredit von 65 bis 70 Millionen Euro. Alle Kreditgeber ziehen mit, nur nach unseren Informationen die Deutsche Bank nicht. Die Bank gefährdet damit die Zukunft des Unternehmens und der von zahlreichen Arbeitnehmern. Schließlich sind auch die Zuliefererfirmen betroffen.« Laut Seiler gehörten die Beschäftigten von Schieder Möbel und dem zur Schieder-Gruppe gehörenden PM Möbelwerk in Steinheim (Kreis Höxter) zu den Hauptgläubigern. »Durch Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Lohnverzicht haben die Mitarbeiter mehr als 1,7 Millionen Euro im Unternehmen stecken«, rechnete der Gewerkschaftsbevollmächtigte vor. Er kündigte an, falls die Deutsche Bank nicht einlenken werde, sei eine weitere Demonstration vor der Zentrale in Frankfurt geplant.
Seiler weiter: »So wie die Geschäftsführung des Konzerns in der Vergangenheit gewurschtelt hat, kann es nicht weiter gehen. Wir wissen aber nicht, was eine Insolvenz bringt. Wir müssen eine Zerschlagung des Konzerns verhindern.«

Artikel vom 18.04.2007