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»Ausgliederung im Alleingang«

Telekom droht mit Verkauf von Gesellschaften auch ohne Tarifeinigung

Bonn (ddp/dpa). Der Tarifstreit zwischen der Deutschen Telekom und der Gewerkschaft Verdi um die geplante Ausgliederung des Konzern-Servicegeschäfts mit seinen 50000 Mitarbeitern zu geringerer Bezahlung steht vor dem Scheitern. Die Telekom versicherte, die Ausgliederung auch ohne Einigung voranzubringen.

Nachdem sich die Tarifpartner auch in der vierten Verhandlungsrunde nicht einigen konnten, forderte die Große Tarifkommission die Verhandlungsdelegation auf, die Urabstimmung vorzubereiten. Das teilte Verdi nach einem Treffen des Gremiums in Göttingen mit. Zugleich wurde die Telekom ultimativ aufgefordert, in Verhandlungen über einen tariflichen Auslagerungsschutz zu treten.
Nach Willen des Unternehmens soll die neue Gesellschaft T-Service zum 1. Juli an den Start gehen. Einen Kompromissvorschlag des Unternehmens lehnte die Gewerkschaft Verdi gestern ab. Der Vorschlag, den die Telekom am Ende einer vierten Verhandlungsrunde Verdi vorlegte, sieht für die betroffenen Mitarbeiter Gehaltskürzungen in den kommenden zweieinhalb Jahren um zwölf Prozent vor. Die Kürzungen sollen aber in Teilen durch Ausgleichszahlungen aufgefangen werden.
Außerdem soll die Arbeitszeit von 34 auf mindestens 38 Wochenstunden erweitert werden. Die Telekom garantiert dabei einen Kündigungsschutz und Verkaufsverzicht für die Servicegesellschaft bis Ende 2010.
»Auf diesem Niveau ist eine Einigung ausgeschlossen«, sagte Verdi-Bundesvorstand Lothar Schröder. Die Beschäftigten brauchten einen mittelfristigen Kündigungsschutz über das Jahr 2010 hinaus. Die Pläne des Unternehmens seien mit den Beschäftigten nicht zu machen. Nach Berechnung der Gewerkschaft würden alle Maßnahmen zusammen Einkommenskürzungen von bis zu 40 Prozent bedeuten.
Einen neuen Verhandlungstermin haben beide Seiten bislang noch nicht vereinbart. Telekom-Verhandlungsführer Karl-Gerhard Eick machte klar, dass das Unternehmen auch ohne eine Einigung mit Verdi die Ausgliederung voranbringen werde. Für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen seien dann aber der angebotene Verzicht auf konzernfremde Ausgründungen und der Kündigungsschutz nicht mehr garantiert. Bis Ende April müsse in den Gesprächen mit Verdi eine Entscheidung fallen.
Die Telekom will mit der Ausgliederung von 50000 ihrer 160000 Beschäftigten in die Servicegesellschaft T-Service bis zu 900 Millionen Euro einsparen.
Das Unternehmen steht wegen massiver Kundenverluste in der Festnetz-Sparte unter Druck. Eick betonte, neben der Gehaltsabsenkung der Mitarbeiter könnten dann auch über die Ausweitung der Arbeitszeit Kosten gesenkt werden, weil sich so die konzernfremde Vergabe von Aufträgen verringern lasse. Seit knapp einer Woche protestiert Verdi mit Warnstreiks gegen die Ausgliederungspläne. Bisher nahmen laut Gewerkschaft mehr als 30000 Beschäftigte an den Aktionen teil.
Die Telekom steht auf ihrem Heimatmarkt massiv unter Druck. So verlor die Festnetzsparte T-Com im vergangenen Jahr mehr als zwei Millionen Kunden - mit einer Erholung rechnet Vorstandschef Rene Obermann für dieses Jahr nicht. Er hatte daher wenige Monate nach seinem Amtsantritt im Januar die Prognose für 2007 senken müssen. Experten halten eine Gründung von T-Service für unvermeidlich.

Artikel vom 18.04.2007