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Mord-Ermittler
schreiben an
Innenminister

»Arbeit wird ungerecht bewertet«

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Mörder sind einfacher zu fassen als Wirtschaftsstraftäter - meint NRW-Innenminister Ingo Wolf. Deshalb hat er die Aufstiegsmöglichkeiten für Mord-Ermittler eingeschränkt. Die fühlen sich unterbewertet, haben dem Minister geschrieben - und der hat gestern Abhilfe zugesagt.
NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP).
Der Mord an der Paderborner Schwesternschülerin Frauke Liebs, das Verbrechen an der Gütersloher Modeverkäuferin Elisabeth Deniz - zwei von 57 vollendeten oder versuchten Tötungsdelikten, die 2006 in Ostwestfalen-Lippe bekanntgeworden sind.
54 Fälle hat die Kriminalhauptstelle Bielefeld mit ihren Mordkommissionen geklärt - eine Erfolgsquote von 95 Prozent. »So gute Ergebnisse werden nur erzielt, weil in den Mordkommissionen hochmotivierte, kreative und erfahrene Ermittler arbeiten - und das an manchen Tagen rund um die Uhr, ohne Rücksicht auf ihre Familien«, sagt Wilfried Albishausen, Landesvorsitzender des »Bundes Deutscher Kriminalbeamter«.
Doch das hohe Ansehen, das die Mord-Ermittler in der Bevölkerung haben, wurde offenbar vom Ministerium nicht geteilt: Mit seinem Erlass 43.3-58.25.20 hat Innenministerium Wolf verfügt, dass die Leiter von Mordkommissionen nicht mehr dem »Funktionsbereich Schwerstkriminalität« angehören. Damit endet ihre Karriere künftig in der Besoldungsstufe A 11 (etwa 2800 Euro netto), der Aufstieg zu A 12 (etwa 3050 Euro) und A 13 (etwa 3350 Euro) bleibt ihnen verwehrt.
Hingegen wurden die Beförderungsmöglichkeiten in den Kommissariaten für Wirtschaftsstraftaten und Organisierte Kriminalität deutlich ausgeweitet.
Die 16 Vorgesetzten aller Mordkommissionsleiter des Landes haben deshalb an den Innenminister geschrieben. »Mit Sorge betrachten wir die Entwicklung bei der Bearbeitung von Mord und Totschlag«, heißt es in dem dreiseitigen Brief. Es sei eine »nicht nachvollziehbare Ungerechtigkeit«, dass Mord-Ermittler nicht mehr dem Bereich Schwerstkriminalität zugeordnet seien.
Zu befürchten sei nun, dass sich erfahrene Ermittler, die sich jahrelang »Tag und Nacht ohne Rücksicht auf Freizeit und Familie« engagiert hätten, in andere Kommissariate versetzen ließen, um dort besser bezahlt zu werden. Die 16 Absender erwarten, »dass sich der hohe Standard der Mord-Ermittlungen in NRW deutlich verschlechtern wird«.
Der Brief der Kommissariatsleiter hat seine Wirkung nicht verfehlt. »Wir haben das Problem erkannt und werden es so bald wie möglich lösen«, versprach Ministeriumssprecher Wolfgang Beus gestern Abend.
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Artikel vom 18.04.2007