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Kampf gegen Ruß und Staub

Das Großreinemachen der Mosaike im Aachener Dom hat begonnen

Von Elke Silberer
Aachen (dpa). Nicht Weihrauch - ein Hauch von Alkohol durchzieht den Aachener Dom. »Spiritus«, erklärt Dombaumeister Helmut Maintz. Was gut ist für den Haushalt, ist auch gut für den Dom: Nach dem Abschluss der 20 Jahre dauernden Außensanierung des Weltkulturerbes haben die Innenarbeiten begonnen.

Das Mosaik im ältesten und zentralen Teil des Doms wird gereinigt. »In den letzten Jahren haben uns viele Leute geschrieben: Macht doch auch mal den Dom innen sauber«, erzählt Dombaumeister Helmut Maintz schmunzelnd. Doch hier geht es in erster Linie nicht um Schönheit. Ruß und Staub von 100 Jahren greifen die kleinen Glassteinchen an. Nun wird das Mosaik gepflegt und konserviert.
»Wasser mit einem Schuss Spiritus löst Fett«, sagt Monika Rühl. Die Glasmalerin hockt auf einem eingeschalten Gerüst in 16 Metern Höhe. Nie kommt ein Dom-Besucher dieser Pracht aus unzähligen, sechs mal zehn Millimeter großen Steinchen so nah wie sie. Mit einem Schwämmchen wischt sie über die Verzierung über ihrem Kopf. Ornamente strahlen verschwenderisch in Gold, kräftiges Türkis wird sichtbar, lebhaftes Orange. »Bei Spiritus bleiben keine Rückstände, es verfliegt«, erklärt die Expertin nüchtern.
Es sind vor allem die golden gefärbten Mosaiksteinchen, um die sich die Spezialisten sorgten. Durch Kerzenruß und die feinen Partikel, die eine Million Besucher pro Jahr im Dom hinterlassen, hat sich ein dunkler »Schadenscocktail« wie ein Schleier auf die Fläche gelegt. Bei den bunten Steinchen ist das Glas durchgefärbt. Aber bei den goldenen liegt Blattgold zwischen zwei Glasplättchen. »Durch den Schadenscocktail löst sich das Blattgold langsam auf«, erklärt Maintz die mit bloßem Auge kaum sichtbare Reaktion. An manchen Stellen haben sich hinter dem Mosaik kleine Hohlstellen gebildet, die ausgebessert werden.
Die Mosaikausstattung (1880-1911) im Aachener Dom ist 2500 Quadratmeter groß. Das zentrale Motiv ist der thronende Christus im Kuppelmosaik. Neben den Arbeiten in luftiger Höhe werden unten die Marmorverkleidungen an den Wänden und die Bodenplatten restauriert. Die Bodenplatten sind durchgebogen. Chemische Reaktionen die Steine angegriffen. Auch hier werden 2500 Quadratmeter bearbeitet. Insgesamt kostet die Maßnahme, die etwa fünf Jahre dauert, 2,5 Millionen Euro.
Gemessen an dem mit 1200 Jahren ältesten Teil des Doms, der Pfalzkapelle Karls des Großen, ist das Mosaik recht jung. Als Preußen 1815 die Herrschaft über die frühere freie Reichsstadt Aachen antrat, war die Kirche in einem vernachlässigten Zustand. Unter anderem waren die Wände mit einem für damalige Verhältnisse »geschmacklosen Stuck« überzogen. Man wollte ihn ersetzen.
Aus mittelalterlichen Quellen kannte man das Motiv des Kuppelmosaiks, wie es vielleicht um 800 ausgeführt war. Die Darstellung wurde nach Entwürfen des Belgiers Jean Bethune neu geschaffen. 1880/1881 führte die Werkstatt des Venezianers Antonio Salviati die Arbeiten aus. Für die übrigen Bereiche des karolingischen Kernbaus lagen keine gesicherten Erkenntnisse über die Dekorationen zur Zeit Karls des Großen vor und es wurden kirchliche Themen aufgenommen.

Artikel vom 18.04.2007