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Anwalt sauer
auf Sekten-Chef

Landgericht erlässt Haftbefehle

Von Christian Althoff
Detmold (WB). Das Landgericht Detmold hat gestern Haftbefehle gegen den Sektenführer Arno W. (51) aus Oerlinghausen (Kreis Lippe) sowie seine Frau Julie (53) erlassen. Die Behörden wissen aber nicht, wo sich das Ehepaar aufhält.
Sekten-Guru Arno W., hier vor seiner viersitzigen Cessna, soll Lea Saskia Laasner (r.) missbraucht haben, als sie noch ein Kind war.
Um 9 Uhr hätte gestern der Prozess wegen Kindesmissbrauchs gegen den Guru und seine Frau beginnen sollen. Doch das Ehepaar hatte Donnerstag über seine Anwälte mitteilen lassen, es werde nicht in Detmold erscheinen. Daraufhin war der Prozess abgesagt worden (WB vom 12.04.2007).
»Lea ist unglaublich enttäuscht. Sie fühlt sich aber andererseits bestätigt, weil die Flucht ein Schuldeingeständnis ist«, sagte die Detmolder Rechtsanwältin Miriam Stüldt-Borsetzky. Sie vertritt die 26 Jahre alte Lea Saskia Laasner. Arno W. soll die Schweizerin vor 13 Jahren in seiner »Ramtha-Sekte« neunmal missbraucht haben. Seine Ehefrau soll dem Kind »mit sektenideologischen Argumenten« eingeredet haben, sexuelle Erfahrungen seien für Kinder wichtig.
»Ich halte den Entschluss meines Mandanten, den Prozess platzen zu lassen, für falsch«, sagte Rechtsanwalt Rüdiger Weidhaas verärgert. Noch vor sechs Wochen hätten ihm Arno W. und seine Frau versichert, sich dem Verfahren zu stellen. »Ich habe ihnen gesagt, dass es wie ein Schuldeingeständnis gewertet werde, sollten sie sich absetzen«, berichtete Weidhaas und fügte hinzu, er habe viel Arbeit in die Prozessvorbereitung gesteckt. »Wir wollten beweisen, dass es kein Missbrauch, sondern eine Liebesbeziehung war.« Seine Prognose für den Prozess sei »nicht schlecht« gewesen, sagte der Anwalt, der nach eigenen Angaben nicht weiß, wo sich Arno und Julie W. aufhalten: »Zuletzt lebten sie in Südfrankreich, aber angesichts des Haftbefehls werden sie sich wohl absetzen.« Das Ehepaar, das in Oerlinghausen gemeldet ist, soll allerdings knapp bei Kasse sein.
Rechtsanwältin Miriam Stüldt-Borsetzky glaubt nicht, dass die Flucht des Gurus eine Kurzschlusshandlung war: »Schon im mittelamerikanischen Belize, dem damaligen Sitz der Sekte, hatte Arno W. immer einen gepackten Koffer in greifbarer Nähe, um sich jederzeit mit seiner Cessna absetzen zu können, sollten ihm die Behörden etwas wollen.«
Während der Prozess in Detmold erstmal geplatzt ist, ermitteln die schweizerischen Behörden weiter gegen Leas Eltern. Sie waren damals mit Tochter und Sohn zu der Sekte gezogen und sollen nichts gegen den Missbrauch unternommen haben. Der Vater hat inzwischen Selbstanzeige erstattet. Die Mutter, die angeblich noch immer Sektenmitglied ist, soll morgen von der Staatsanwaltschaft Zürich vernommen werden.

Artikel vom 17.04.2007