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Joachim Preuß,
Deutsche Welthungerhilfe

»EU-Sanktionen wären nur Symbolpolitik, die an der Lage in Darfur nichts ändert.«

Leitartikel
Bewegung in Darfur?

Völkermord in Zeitlupe -
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Von Reinhard Brockmann
Angeblich hat sich die sudanesische Führung mit den Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union (AU) über die künftige Rollenverteilung zwischen den Truppen beider Organisationen in der Krisenprovinz Darfur geeinigt.
Die vermeintliche Zusage des sudanesische Präsidenten Omar al-Baschir in einem Telefonat mit dem saudi-arabischen König Abdullah ließ gestern aufhorchen. Dabei blieb unklar, ob der Chef eines islamistischen Militärregimes nur den behaupteten Sachstand von Anfang März wiederholte oder ob die Zusage, Kontrolleure in die abgeriegelte Region zu lassen, tatsächlich neu und substanziell ist.
Auch das Treffen von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York stand im Schatten der Frage, wie die sudanesische Regierung endlich bewegt werden könnte, der geplanten gemeinsamen Darfur-Friedenstruppe mit 20 000 UN-Blauhelmsoldaten und Soldaten der AU zuzustimmen.
Mit immer neuen Ausflüchten verweigert sich die sudanesische Führung in ihrer Zentrale am Zusammenfluss von Blauem und Weißem Nil dem Dialog. Dabei ist unstrittig, dass arabische Reitermilizen seit vier Jahren Völkermord an der schwarzafrikanischen Bevölkerung verüben. Geschätzte 2,5 Millionen Darfuris sind geflohen, möglicherweise 200 000 Menschen dabei getötet worden.
Wahrscheinlich ist, dass Khartum einmal mehr auf Zeit spielt, während die Lage der Menschen immer kritischer wird.
Dabei reichen selbst 20 000 Soldaten der AU und der Vereinten Nationen höchstens für den Schutz der Flüchtlingslager. Für eine Befriedung der Region wäre mindestens das Doppelte notwendig. Das bestätigen die wenigen Hilfsorganisationen, die noch einen Teil der Bedürftigen erreichen und mit Lieferungen aus dem Welternährungsprogramm im wahrsten Sinne des Wortes am Leben erhalten.
Würde die Versorgungskette unterbrochen, käme es zu einem Massensterben in den riesigen Flüchtlingslagern, aus denen es wegen der Reitermilizen für Frauen und Kinder kein Entkommen gibt.
Der stets vorsichtige deutsche Außenminister sagte gestern immerhin, es gebe Signale, dass man sich für eine »technische Verstärkung« der AU-Truppen öffnen könnte. Erst danach will er die Frage klären, ob die internationale Staatengemeinschaft den Druck auf die Regierung in Khartum verstärken muss.
Viel Zeit wird nicht bleiben, zu lange ist der Westen gezwungen, seinerseits auf Halten zu spielen. Der Sudan ist zu groß und die Furcht vor einem zweiten Irak längst zu übermächtig, als dass ernsthaft ein Einsatz gegen den Willen der Machthaber in der Zentralregierung erwogen werden könnte.
Am Ende dürfte die Einsicht stehen, dass der »Völkermord in Zeitlupe« (Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul) nicht aufgehalten werden kann. Niemand will jedoch eingestehen, dass wir in Wahrheit hilflos sind.

Artikel vom 17.04.2007