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»Der Feige droht nur, wo er sicher ist.« Goethe

»Es stirbt der Feige oftmals, eh' er stirbt.«Shakespeare

Leitartikel
System Putin - total brutal

»Behütet mich, das Tier zu nennen...«


Von Rolf Dressler
Zur Energie-Großmacht Nummer 1 hat Wladimir Putin sein Gazprom-Russland bereits zielgenau hochgezogen. Doch damit gibt sich ein listiger Polit-Fuchs dieses Schlages natürlich nicht zufrieden.
Nicht nur die System-Klaviatur der Geheimdienste beherrscht er aus dem Effeff. Putin, im einstigen Sowjetsystem von der Pike auf geprägt, weiß genau, auf wen vor allem er sich uneingeschränkt verlassen können muss, wenn Russland ganz oben an der Welt-Staatenspitze wieder durchschlagend mitmischen will wie in alten Zeiten. Auf Augenhöhe mit den Vereinigten Staaten von Amerika, dem jahrzehntelangen Hauptkonkurrenten, künftighin aber sicherlich auch mit China, das mit einer Dynamik und Entschlossenheit nach vorn drängt, die im Moskauer Kreml durchaus gemischte Gefühle und Befürchtungen hervorruft.
Dessen ungeachtet jedoch rüsten die Mächtigen Russlands und Chinas skrupelfrei-einträchtig die arabischen Todfeinde Israels auf wie noch nie zuvor. Erschrecken muss schon die bloße Vorstellung, sie könnten damit dem besessenen Juden-Hasser und Präsidenten des Iran, Mahmud Ahmadinedschad, zu seinem Urtraum verhelfen, Atommacht zu werden.
Wladimir Putin jedenfalls ficht die beschämend flaue Du-du-du-Zeigefingerei der regierenden Häupter unserer westlichen Demokratien erfahrungsgemäß überhaupt nicht an. Ein ums andere Mal lassen sie es bei wachsweichen Ermahnungen bewenden - schließlich trifft man sich ja allenthalben in fast schon familiärem Rahmen auf wohlfeilen G7- oder G-8-Gipfelhöhen wieder. Und da würden klimatische Verstimmungen ja nur als störend empfunden werden. Wie beispielsweise demnächst in der wiedererstandenen Ostsee-Perle Heiligendamm.
Als absolut nicht hinnehmbar müsste die vielbeschworene, in Wahrheit so aber überhaupt nicht existierende Welt-Staaten-»Gemeinschaft« die Brutalität brandmarken, mit der Präsident Putin am Wochenende nacheinander friedliche Protestkundgebungen und Demonstrationen der Opposition in Moskau und Sankt Petersburg von Bataillonen seiner »Regimeschützer« buchstäblich zerschlagen ließ. Doch für ein klares »Bis hierher und nicht weiter, Herr Präsident« ist sich die herrschende Klasse der westlichen Weltdiplomaten und Menschenrechtsbeschwörer sichtlich zu fein - und letztlich zu feige, unerträglich feige.
Russlands gigantische Energie-Macht sei »ein geradezu teuflisches Geschenk für Putin«, sagt Jurij Schmidt, der bekannteste Menschenrechtsanwalt des Lan- des. Nicht nur er sieht Russland auf dem Weg in die Diktatur.
PS. Selbst Friedrich Nietzsche, eigentlich ein Freund Russlands, hegte einst leichte Zweifel und griff zur griechischen Mythologie:
»Europa ist zuletzt ein Weib, und die Fabel lehrt, dass so ein Weib sich unter Umständen von gewissen Tieren fortschleppen lässt. Ehemals, zu Zeiten der Griechen, war's ein Stier. Heute, der Himmel behüte mich, das Tier zu nennen...«

Artikel vom 16.04.2007