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»Filbinger war
ein Gegner des
NS-Regimes«

Die Rede im Wortlaut

Bielefeld (WB). Ministerpräsident Günther Oettinger hat mit seiner Trauerrede für den verstorbenen Ex-Regierungschef Hans Filbinger bundesweit Empörung ausgelöst. Im folgenden Wortlautauszüge.

»Anders als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes. Allerdings konnte er sich den Zwängen des Regimes ebenso wenig entziehen wie Millionen Andere. Wenn wir als Nachgeborene über Soldaten von damals urteilen, dürfen wir nie vergessen: Die Menschen lebten damals unter einer brutalen und schlimmen Diktatur!«
»Hans Filbinger wurde - gegen seinen Willen - zum Ende des Krieges als Marinerichter nach Norwegen abkommandiert. Er musste sich wegen seiner Beteiligung an Verfahren der Militärjustiz immer wieder gegen Anschuldigungen erwehren. Es bleibt festzuhalten: Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte. Und bei den Urteilen, die ihm angelastet werden, hatte er entweder nicht die Entscheidungsmacht oder aber nicht die Entscheidungsfreiheit, die viele ihm unterstellen.«
»Hans Filbinger hat mindestens zwei Soldaten das Leben gerettet. Einer von ihnen, Guido Forstmeier, weilt noch heute unter uns und kann bezeugen, dass sich Filbinger großer Gefahr ausgesetzt hat.«
»Für mich und meine Generation ist es leicht, die Kriegszeit zu beurteilen. Vielleicht aber in Wahrheit schwer oder auch unmöglich, weil wir sie nicht erleben mussten. Und wir nicht ermessen können, wie brutal und diktatorisch die Umstände damals gewesen sind. Hans Filbinger hat vor allem viel dazu beigetragen, dass die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts in unserem Land einen ganz anderen, einen guten Verlauf genommen hat. Er war ein Mann der ersten Stunde. Es gibt nur wenige, die von Beginn an und bis heute um das Wohl unseres Landes so besorgt und so erfolgreich tätig waren. Baden-Württemberg stünde heute nicht so gut da, wenn er nicht seine ganze Kraft, seine Ideen und Ideale, seine geschichtliche Erfahrung und sein Können eingebracht hätte.«

Artikel vom 14.04.2007