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Zur rechten Zeit
Trumpf ausspielen

Wie bekommt man ein MP-Institut?

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Kommt ein Uni-Rektor zur Max-Planck-Gesellschaft und sagt: »Guten Tag, wir hätten gerne eins eurer Forschungsinstitute.« Geht das so? Bekommt er es? Mitnichten!

Paderborn rang heftig mit Aachen, als es um die Einrichtung des letzten Max-Planck-Instituts (MPI) ging. Und wer erhielt den Zuschlag? Saarbrücken.
In der Welt der Wissenschaft tobt ein mörderischer Konkurrenzkampf. Jede deutsche Hochschule möchte sich mit einem MPI schmücken. Die Fachgesellschaften innerhalb der Münchener Max-Planck-Gesellschaft (MPG) wiederum suchen gezielt nach Universitäten mit erstklassigen Forschern. Es ist belegt: Im Verbund mit den renommierten Instituten erreichen die in der »Exzellenzoffensive« siegreichen Unis internationales Spitzenniveau.
Es muss also einen langen Atem haben, wer in die Erste Liga der Wissenschaft aufsteigen will. Nicht der forsche Rektor ist gefragt, sondern das akademische Team, das seine Karten klug und zur rechten Zeit ausspielt. Bis der letzte Trumpf sticht, können leicht sechs, acht Jahre vergehen.
Ein Beispiel: Wissenschaftler, die die MPG aufmerksam beobachten, sprechen von starken Impulsen der Informatiker, neue Institute zu gründen. Also alles auf die Informatik setzen? Gemach: Moderne Forschung arbeitet fächerübergreifend. Aber wer mit wem? Vorschnelle Festlegungen in der begehrlichen Universität wären Gift für die Bewerbung. Bielefeld hingegen baut - seit Jahren! - die Neuroinformatik aus, bringt Biologie und Technik zusammen und verlässt sich auf starke Argumente in der Bewerbung um den Exzellenz-Cluster auf diesem Gebiet.
Kluge Köpfe - großes Geld: Peer Steinbrück, als er noch NRW-Ministerpräsident war, hat finanzielle Zusagen gemacht. Jürgen Rüttgers, der jetzige Chef in Düsseldorf, hat diese Versprechungen vor Wirtschaftsfachleuten wiederholt. Hervorragende Forscher sind dem Ruf an den Teuto gefolgt. Uni und FH verschränken ihre akademische Arbeit. Der Rat der Stadt begrüßt die Bewerbung. Ach ja: Das fragliche Areal an der Langen Lage wurde bereits bei der Gründung der Uni gekauft. Zweck: Campus-Erweiterung.
Kurz: Bielefeld dreht an einem ganz großen Rad.
In München, bei der MPG, wogt derweil der Kampf der Seilschaften hin und her. Und man schaut in die Länderparlamente: Welches bewilligt das meiste Geld? Was antwortet man nun dem Bürger, der nach dem Standort des nächsten Instituts fragt? Man schreibt: »Die Ansiedlung einer Max-Planck-Forschungseinrichtung in Ihrer Region ist derzeit nicht geplant.« Forschen unsere Professoren denn in den »richtigen« Disziplinen? Man schreibt: Die MPG »diskutiert derzeit keine Themen, welche am Standort Bielefeld das notwendige wissenschaftliche Umfeld finden.«
Kurz: München ist noch in der hausinternen Entscheidungsfindung. Dann erst wird geplant.
Bis die Baugenehmigung erteilt wird, können zwei Jahre ins Land ziehen. Wenn sich wer querstellt, auch drei. Die Wissenschaft hat ein gutes Blatt. Aber sie braucht Nerven aus Stahl, will sie die richtige Karte zur rechten Zeit ausspielen.
Um so fataler wäre es, sendete Bielefeld in dieser hochsensiblen Phase ein Signal aus: Achtung, Provinzposse!

Artikel vom 14.04.2007