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Nicolas Sarkozy

»Schon beim
Rasieren denke
ich an den
Elysee-Palast.«

Leitartikel
Vor der Präsidentenwahl

Frankreich
sucht nach Lösungen


Von Friedhelm Peiter
Von Selbstvertrauen und Zuversicht in die Zukunft sind die französischen Wähler wenige Tage vor dem ersten Wahlgang um die Präsidentschaft weit entfernt. Viele Franzosen sind angesichts hoher Arbeitslosenraten und eines schwachen Wirtschaftswachstums voller Sorge um ihre Arbeitsplätze, um die Zukunft ihrer Kinder, die eigene Identität als Nation und ihren Platz in der Welt.
Keine Regierung in den vergangenen 20 Jahren hat es geschafft, die ausufernden öffentlichen Finanzen einzudämmen. So fürchten immer mehr Menschen im Nachbarland, dass das soziale Modell mit großzügigen Leistungen nicht mehr lange bezahlbar ist.
Auch wenn sich die Franzosen bisher erfolgreich gewehrt haben, sie werden in Zukunft in Reformen einwilligen müssen, die wehtun, was auch immer die chancenreichsten Präsidentschaftskandidaten, Nicolas Sarkozy und Segolene Royal, in ihren Wahlprogrammen propagieren.
Bereits vor dem ersten Wahlgang hat angesichts der relativ knappen Abstände unter den aussichtsreichen Bewerbern das Werben um Allianzen begonnen. Obwohl bei den Sozialisten laut über ein Bündnis mit der UDF von Francois Bayrou nachgedacht wird, um eine Niederlage zu verhindern, wird dies vor dem ersten Wahlgang von Royal natürlich dementiert. Es wird ihr jedoch vor dem zweiten Wahlgang kaum eine andere Möglichkeit bleiben, da links von den Sozialisten kein nennenswertes Stimmenpotenzial mehr vorhanden ist. Im rechten Lager umgarnen UMP-Funktionäre Jean-Marie Le Pen. Der Rechtsextreme weist solche Avancen jedoch zurück. Die Franzosen würden »das Original« wählen und nicht Sarkozy, der mit rechten Parolen in »seinem« Revier fischen gehe.
Bundeskanzlerin Angela Merkel darf sich nach allen Äußerungen im Wahlkampf nicht zu große Hoffnungen auf tatkräftige Unterstützung aus Paris in Hinsicht auf einen neuen EU-Vertrag machen. Auf eine Verfassung mit der Einfügung von Arbeitnehmerrechten, wie er Segolene Royal vorschwebt, wird sich die deutsche EU-Ratspräsidentin nicht einlassen. Dafür ist der Widerstand in den EU-Staaten zu groß. Auch ein Mini-Pakt á la Sarkozy ist nicht im Sinne Merkels.
Streit mit der EU wird es auch um die Stellung der unabhängigen Europäischen Zentralbank geben, die im Wahlkampf als Prügelknabe für die französische Wirtschaftskrise herhalten muss. Royal will die Zentralbank einer »Regierung der EU-Finanzminister« unterstellen und für die Beschäftigungspolitik einspannen. Und Sarkozy fordert von der Zentralbank eine Politik des »schwächeren Euro«, um die französischen Exporte zu erleichtern.
Und wie Jacques Chirac wird der neue Präsident oder die neue Präsidentin darauf pochen, dass das französische Stück vom EU- Subventionskuchen nicht verkleinert wird. Ob Sarkozy oder Royal im Präsidentenamt: Europa wird sich wohl auf ein Frankreich einstellen müssen, das sich mehr um nationale als um europäische Interessen künmern wird.

Artikel vom 18.04.2007