14.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Auf Umwegen zum Wunschberuf Priester

Anwärter für geistliche Berufe werden älter und weniger - »Ein Beruf, der einen mit Haut und Haaren fordert«

Von Elmar Stephan
Osnabrück (dpa). Marco Schrage will das »Salz der Erde« sein, ein Leben führen, das nicht alltäglich ist. Der 32-Jährige bereitet sich im Osnabrücker Priesterseminar auf seinen Wunschberuf vor: 2008 will er vom Osnabrücker Ortsbischof Franz-Josef Bode zum katholischen Priester geweiht werden.

Die Zeiten, in denen junge Männer sich unmittelbar nach der Schule und dem Abitur für den Priesterberuf entschieden haben, sind anscheinend vorbei. Seit einigen Jahren sei es üblich geworden, dass das Priesteramt in der katholischen Kirche eher von »Spätberufenen« angestrebt werde, sagt der Sprecher des Bistums Hildesheim, Michael Lukas. »Die meisten haben heute bereits einen Beruf ergriffen oder haben schon studiert.«
In diese Kategorie passt Marco Schrage, aber auch Thilo Wilhelm und Michael Franke, die gemeinsam in Osnabrück das Priesterseminar besuchen. Der 32 Jahre alte Wilhelm ist Betriebswirtschaftler, der 34-jährige Franke war nach einem Fachhochschulstudium Gemeindereferent. Schrage hat Jura und Italianistik studiert. Aber auch Handwerker oder Kaufleute sind bereits ihren Weg in den Priesterberuf gegangen, berichtet der Osnabrücker Regens, der Leiter des Priesterseminars, Martin Schomaker.
Die Anwärter für geistliche Berufe sind in den vergangenen Jahren eher älter geworden, aber auch weniger: Wurden 1972 in ganz Deutschland (mit DDR) noch 456 Männer zu katholischen Priestern geweiht, waren es 2005 nur noch 241. Den Grund dafür sieht der Leiter des Freiburger Zentrums für Berufungspastoral, Peter Birkhofer, nicht nur im Zölibat, also die Ehelosigkeit der Priester und Ordensleute. Vielmehr habe im Vergleich zu den 50er Jahren, als es eine Welle an Priesterweihen gegeben habe, das kirchliche Leben dramatisch an Bedeutung verloren. »Heute sind nur noch ein bis zwei Prozent in der Altersgruppe von 19 bis 29 praktizierende Katholiken«, sagt Birkhofer.
Dabei fällt auch bei den späten Einsteigern in den Priesterberuf die Entscheidung nicht über Nacht. Die Priesterkandidaten Schrage, Wilhelm und Franke sind seit ihrer Schulzeit in der Kirche aktiv, und Franke hat bereits als Gemeindereferent einen seelsorgerischen Kirchenberuf ergriffen.
Für Interessenten nehme er sich viel Zeit, sagt der Osnabrücker Regens Schomaker. »Ich will im Dialog klären, ob das der richtige Weg ist.« Denn Priester und Gemeindepfarrer bedeute, eben keinen Job mit festen Arbeitszeiten zu haben. Der Pfarrer sitze auf dem Präsentierteller der Gemeinde und die Trennung zwischen Privat- und Arbeitsleben sei schwierig. »Es ist ein Beruf, der einen mit Haut und Haaren fordert. Man führt ein bisschen eine Künstlerexistenz.«

Artikel vom 14.04.2007