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Bald Fahndung mit Passfoto?

Schäuble plant automatischen Zugriff - Kritik von SPD und Opposition

Berlin (dpa/Reuters). Der von der Bundesregierung geplante automatische Zugriff der Polizei auf Passfotos der Bürger ist bei Datenschützern und Opposition auf teils heftige Kritik gestoßen
Die Polizei soll nach dem Willen des Bundesinneneministeriums einen automatisierten Zugriff auf die digitalisierten Passbilder der Bürger erhalten. Betroffen sind alle Inhaber eines seit November 2005 beantragten Reisepasses. Dieser enthält einen Chip, auf dem das Lichtbild gespeichert ist. Von November dieses Jahres an kommen auch die Fingerabdrücke dazu.
Bei der Verfolgung von Straftaten und bei Verkehrsordnungswidrigkeiten solle der Polizei der direkte Zugriff auf die digitalisierten Fotos in den Registern ermöglicht werden, sagte eine Sprecherin von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Bei der Novelle des Passgesetzes sei vorgesehen, dass die Polizei ohne vorherige Genehmigung die Passbilder aus den jeweiligen Ämtern hochladen könne. Die Sprecherin sagte, mit den Erweiterungen der Kompetenzen der Polizei entspreche das Innenministerium Wünschen den Bundesrates.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar monierte, dass damit entgegen früheren Zusicherungen de facto eine zentrale Datei mit biometrischen Daten geschaffen werde. »Nun entsteht ein solches Register, wenn auch scheibchenweise, verteilt auf die kommunalen Pass- und Personalausweisbehörden«, sagte Schaar gestern. Auch die Oppositionsparteien im Bundestag lehnten das Vorhaben ab.
Der Innenexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Clemens Binninger, hielt dagegen, dass der Gesetzentwurf explizit keine zentrale Datei vorsehe und die Polizei wie bislang begründen müsse, »für welches konkrete Verfahren dieses Foto der Person XY benötigt wird«. Zudem sollen Polizei sowie Strafverfolgungsbehörden nur dann automatisch auf die Daten der Passbehörden zugreifen können, wenn diese nicht erreichbar seien und eine Eilbedürftigkeit vorliege.
Es könne »gut sein, dass die SPD auch einen beschränkten Foto- Zugriff nicht will«, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD- Fraktion, Dieter Wiefelspütz.
Uneinigkeit herrsche zudem über die Frage, ob neben dem digitalisierten Foto auch die Fingerabdrücke gespeichert werden dürfen. Eine bundesweite Datei lehnte auch der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Bosbach ab. Allerdings müssten die Daten dezentral gespeichert werden, um die korrekte Herstellung des Passes kontrollieren zu können.Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) befürwortet die Pläne der Bundesregierung, der Polizei einen automatisierten Zugriff auf die Passbilder der Bürger zu ermöglichen. Damit werde das Verfahren vereinfacht, sagte ein Ministeriumssprecher.
Die Opposition äußerte sich ablehnend zu dem Gesetzentwurf. Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, sagte, dass Vorhaben stelle »einen massiven Eingriff in das Recht zur informationellen Selbstbestimmung dar«. Der Staat wolle einen stets umfassenderen Zugriff auf die Daten seiner Bürger. Jan Korte, Abgeordneter der Linksfraktion im Bundestag, kritisierte besonders, dass die Daten auch nach Ablauf des Passes weiter gespeichert werden sollen. Wolfgang Wieland, Sicherheitsexperte der Grünen-Fraktion, warnte in diesem Zusammenhang vor einem »Überwachungsmoloch orwellschen Ausmaßes«.
Die Gewerkschaft der Polizei begrüßte hingegen die geplante Foto-Abfrage, weil Ermittlungen so beschleunigt werden könnten. Sie zeigte aber auch Verständnis für die kritischen Stimmen.
Der Widerstand sei verständlich, wenn die Regierung die Pläne im stillen Kämmerlein ausbrüte, anstatt Mittel der Kriminalitätsbekämpfung transparent und offensiv in der Öffentlichkeit darzustellen.

Artikel vom 13.04.2007