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3000 Ärzte unter Verdacht

Korruptions-Affäre: Staatsanwaltschaft ermittelt in 600 Kliniken

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld/München (WB). In Deutschland stehen Manager von vier Pharma-Konzernen unter Verdacht, Klinikärzte bestochen zu haben.

Die Staatsanwaltschaft München ermittelt in 3100 Fällen in der Mehrzahl gegen Mediziner sowie auch gegen Mitarbeiter der Firmen Fujisawa, Bristol-Myers Squibb (BMS) und Servier. Bundesweit sind 600 Kliniken betroffen. Auch mehrere Chefärzte stehen unter Korruptionsverdacht.
Zudem bestehe bei dem größten Biotechnologiekonzern der Welt, Amgen, der Verdacht der Vorteilsgewährung gegenüber Ärzten, sagte Oberstaatsanwalt Anton Winkler. Über die Zahl der Strafverfahren in diesem Fall, die deutsche Zentrale von Amgen befindet sich in München, könne noch keine Auskunft erteilt werden.
Allein im Fall der New Yorker Firma BMS, die ihren Deutschlandsitz in München hat, liefen noch 2500 Ermittlungsverfahren, sagte Winkler. Insgesamt seien es 3000 gewesen. 500 Verfahren seien bereits abgeschlossen. Die meisten davon seien wegen geringer Schuld oder Geldauflage eingestellt worden. Die Geldauflage habe bei einigen Ärzten bis zu 10 000 Euro betragen. In den anderen eingestellten Fällen habe es keinen Tatnachweis gegeben.
Den beschuldigten Ärzte werde vorgeworfen, Vorteile der Firma BMS, wie Bargeld, Geschenke, die Finanzierung von Privatveranstaltungen sowie die Übernahme von Weihnachtsfeier-Kosten, genossen zu haben. Auch Studienreisen und Geräte seien finanziert worden. Der Konzern soll zum Beispiel einem Arzt und seinem Team einen Schiffsausflug auf dem Ammersee in Bayern spendiert haben. Im Gegenzug habe BMS erwartet, dass die Klinik Präparate des Konzerns einsetze.
Im Fall des international tätigen japanischen Pharmakonzerns Fujisawa werde gegen 300 Ärzte und Firmenmitarbeiter ermittelt. Diese Verfahren würden im Spätsommer abgeschlossen, sagte Winkler. Die Firma soll durch die Bezahlung von vermutlich wertlosen Studien und Anwendungsbeobachtungen den Absatz eines Medikamentes gefördert haben.
Ebenfalls 300 Korruptionsverfahren liefen in Zusammenhang mit dem Pharma-Konzern Servier Deutschland GmbH, sagte der Oberstaatsanwalt.

Artikel vom 14.04.2007