17.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

700 Tiere sind nun um
drei Tonnen leichter

Schafherde Bethel unter dem Messer eines Profis

Von Lars Rohrandt (Text und Fotos)
Gadderbaum/Senne (WB). Mehr Geblöke als gewohnt erklingt im Schafstall auf dem Senner Schillingshof: 700 Tiere der Herde der Forstverwaltung Bethel werden an zwei Tagen geschoren.

»Da sind die Tiere schon etwas aufgeregter als sonst«, erklärt Schäfer Andreas Eisenbarth, der mit seiner Herde spätestens in 14 Tagen draußen sein möchte. 1 200 Muttertiere und 900 Lämmer gehören dazu. Seit drei Jahren kommt der Neuseeländer Tom Duley in die Senne, um die Coburger Fuchs- und Rhönschafe zu scheren. 500 Tiere waren bereits »nackt«, an den nächsten beiden Tagen kamen nun die restlichen 700 an der Reihe.
Der Schafscherer und Wollhändler Duley arbeitet sechs Monate des Jahres in Deutschland. Während dieser Zeit lebt er in Scheinfeld im Steigerwald. »Ich bin viel in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen unterwegs«, sagt er. Die Saison für Schafscherer hat diesen Monat begonnen und dauert bis Mitte Juli. In der Senne arbeitete der Neuseeländer gemeinsam mit den beiden Polen Grzegorz Wiczynski und Irek Szczepanek.
»Für ein Schaf benötigen wir 90 Sekunden bis zweieinhalb Minuten«, erklärt Duley. »Daneben komme ich mir direkt wie ein Laie vor«, gesteht Eisenbarth. Das Scheren eines Schafes gehöre zwar selbstverständlich zur Ausbildung eines Schäfers. Doch die Geschwindigkeit der Scherprofis sei einfach unglaublich.
Duley, Wiczynski und Szczepanek scheren die Schafe nach dem neuseeländischen Prinzip. Das bedeutet, dass die Tiere auf dem Boden liegen und die Scherer am Bauch beginnen. Anders sieht die deutsche Variante aus: Hier wird das Tier mit einer Bank in eine höhere Position gebracht, und die Schafscherer beginnen im Nacken. »Wichtig ist natürlich, dass die Wolle in einem Stück abgeschnitten wird.« Das Scheren ist ein Knochenjob, auch wenn den Profis die Handgriffe scheinbar leicht fallen. Alles ist eben schon zigtausendfach gemacht worden.
Das Arbeitsgerät der Schafscherer ist ein elektrisch angetriebenes Messer (kleines Foto). Dieses sieht in etwa so aus wie der in Friseursalons übliche Haarschneider -Ênur etwas größer und robuster. Zivildienstleistende sammeln die Schurwolle im Stall ein. Schurwolle heißt die Wolle, die vom lebenden Schaf geschoren wird.
»Die Wolle der 700 Schafe wiegt etwa drei Tonnen. Wir verkaufen sie weiter«, sagt Eisenbarth. Gewaschen werde sie in Deutschland nicht mehr. Es könne gut sein, dass die Wolle der Betheler Schafe sich bald in Socken oder Teppichen wiederfinde.
Der Neuseeländer Tom Duley wundert sich über das Wetter in Deutschland. »Zu Weihnachten soll es bei euch wärmer gewesen sein als bei uns im Sommer«, scherzt er. Die angenehmen Frühlingstemperaturen, die gestern herrschten, wollte er dann doch nicht missen.
Auch zum Scheren war dieses Wetter besser als ein ostwestfälischer Schmuddeltag. Für die drei professionellen Scherer geht es weiter in einen anderen Stall. Auch dort warten hunderte Schafe.

Artikel vom 17.04.2007