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Ein mürrischer Dichterfürst im Tomographen

Porträtbüste und Gesichtsmaske Goethes werden jetzt in Mönchengladbach untersucht

Düsseldorf (dpa). Fast genau 175 Jahre nach seinem Tod wird Johann Wolfgang von Goethe ein Fall für die Computer-Medizin.

Eine Maske und eine Büste des größten deutschen Dichters sollen in Kürze im Computer-Tomographen eines Mönchengladbacher Krankenhauses genauestens untersucht werden.
Mit der High-Tech-Prüfung der beiden bedeutenden Bildnisse aus dem Besitz des Düsseldorfer Goethe-Museums soll herausgefunden werden, ob und wie die 1807 dem Dichter abgenommene Maske Vorbild für eine wenig später geschaffene Porträtbüste des Weimarer Bildhauers Carl Gottlob Weißer gewesen ist.
»Das ist eine Sensation«, sagte Museumschef Prof. Volkmar Hansen gestern in Düsseldorf. Die Goethe im Jahr 1807 auf Betreiben eines Wiener Hirnforschers abgenommene »Lebendmaske« zeige einen recht mürrischen Dichterfürsten.
»Es gibt selten ein so grimmiges Bild von Goethe, wohl weil ihm das Verfahren der Abformung nicht behagt hat«, sagte Museums-Kustodin Heike Spies.
Nun soll mit dem medizinischen Beistand des ehemaligen Kinderklinik-Leiters von Mönchengladbach, der ein Experte für Totenmasken und die Physiognomie des Schmerzes sei, herausgefunden werden, inwieweit die vor 200 Jahren entstandene Maske Vorlage für die Büste war, sagte Spies. Auch die lange diskutierte Frage, wie und wo Bildhauer Weißer das Gesicht des Dichters künstlerisch bearbeitet hat, soll mit Hilfe der Ergebnisse geklärt werden.
Der Dichter aus Weimar solle in der Strahlenklinik aber nicht nur »in die Röhre geschoben werden«, sagten die beiden Museumsexperten. Für den Gesichts-Vergleich stehe auch ein Bildverarbeitungsprogramm bereit, das normalerweise bei der Bestrahlungsplanung von Krebs-Patienten benutzt wird.

Artikel vom 12.04.2007