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Im Alter geht es besser

Milans ausgebuffte Seniorentruppe erteilt eine Lektion

München (WB/fwk). Für den Jugendstil ist der AC Mailand nicht geschaffen. Dafür beweist diese Mannschaft, dass gewisse Dinge im Alter besser oder noch besser funktionieren. Es handelt sich um Erfahrungswerte - im reinsten Wortsinn.

»Wir haben alles richtig gemacht«, lobte Trainer Carlo Ancelotti seine Elf, die in München auf den gehobenen Schnitt von 30,3 Lebensjahren kam. Eine fast noch geschönte Zahl. Alterskosmetik. Denn einige der Herrschaften feiern demnächst Geburtstag, und dann vergrößert sich die ohnehin schon stattliche Anzahl der Dreißiger (oder weit darüber) auf acht. Auf der Bank sitzen noch mehr davon. Costacurta geht stramm auf die 41 zu, Cafu wird 37.
Alle sind schon lange dabei. Paolo Maldini etwa probierte sich erstmals mit 17 im Europacup, das war 1986. Im Juni wird der Verteidiger - ein italienisches Idol - schon 39, vorher möglicherweise sogar noch Champions League Sieger. Das Finale am 23. Mai in Athen könnte Maldinis 106. Partie in diesem Wettbewerb sein.
»Die sind jetzt mein Favorit«, sagte Oliver Kahn. Weil der Alte aus dem Bayern-Tor mit seinen 37 Jahren und 103 Champions League-Einsätzen auch alles erlebt hat auf Europas Fußballfeldern, sollte sein Urteil ernst genommen werden: »Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe eine Menge Mannschaften gesehen. Milan weiß, worauf es ankommt.«
Dabei zollt der Angstgegner des FC Bayern seiner Altersstruktur durchaus Respekt. Häufig fährt das rüstige Ensemble sein Bemühen auf ein Sparprogramm herunter, um die schwindenden Kräfte nicht blind zu vergeuden. Im Duell mit den Deutschen jedoch wurden drei Halbzeiten lang alle Ressourcen ausgeschöpft. Das führte im Hinspiel am Ende zum vollständigen Energieverlust, in der zweiten Partie in der Allianz Arena hatten die betagten Italiener die Dinge aber schon bis zur Pause wieder so in ihrem Sinne geregelt, dass ihnen später das Runterschalten in den Schongang vollkommen reichte. Da vermittelte ein reifes, routiniertes Milan die reine Lehre von der kargen Ergebnisverwaltung.
Auch das kann Spaß machen. »Ein schöner Abend«, befand Clarence Seedorf. Vier Minuten hatten dem 31-Jährigen genügt, um dem Gegner mit seinem 1:0 (27.) und der Vorlage zu Inzaghis 2:0 (31.) eine kleine Lektion zu erteilen. Kaum zu glauben, dass sich diese ausgebuffte Seniorentruppe im Achtelfinale über dreieinhalb Stunden hinweg gegen Celtic Glasgow quälen musste. Da gab es ein paar Knitterfalten mehr. In München ließ der AC dann lieber wieder seinen Lieblingsrivalen alt aussehen. Nach all den Jahren ist er auch nichts anderes gewöhnt.

Artikel vom 13.04.2007