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Die Bayern müssen diskutieren

Für die Superkicker ist der deutsche Rekordmeister nicht erste Wahl

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
München (WB). Ausgangsposition. Gibt es in gut oder schlecht. Wann ist sie gut, wann ist sie schlecht? Gar nicht so leicht zu beantworten, wie es den Anschein hat. Der FC Bayern ist bei dieser Frage jedenfalls ins Grübeln geraten.

Wer 2:2 in Mailand spielt, und dann zu Hause mit 0:2 die zweite Partie vergeigt, stellt zu diesem Thema Überlegungen an. Auch wenn die Erkenntnisse daraus nichts mehr ungeschehen machen.
Gleich nach dem Abpfiff im Giuseppe-Meazza-Stadion vor einer Woche spürte Oliver Kahn auf seinem heimischen Beobachtungsposten ein Unbehagen. Der gesperrte Torhüter durfte in Mailand nicht mitmachen, er erinnert sich allerdings genau: »Ich dachte sofort: Ist es überhaupt gut, dieses 2:2? Mein Gefühl war gleich schlecht. Vielleicht hätten wir besser 1:2 verloren. Dann hätten wir im Rückspiel über unsere Grenzen gehen müssen, das hat uns gefehlt. Aber das hätten wir gebraucht.«
Der vermeintliche Vorteil als möglicher Nachteil. Denn taktisch saß der Deutsche Meister in der Allianz Arena zwischen allen Stühlen. Wie das so ist mit dem berühmten Unentschieden, das zu Hause schon reicht. »Das Richtige zu tun, war unter diesen Umständen nicht so leicht für uns«, sagte Manager Uli Hoeneß. Dabei traf Trainer Ottmar Hitzfeld wahrscheinlich die richtige Wahl. Seine Mannschaft sollte auf ein Tor aus sein und damit dem AC endgültig den Schwarzen Viertelfinal-Peter in die Hand drücken. Darum blickten die Bayern auf die 12. Minute als Schlüsselszene zurück. Lukas Podolski vergab die Führung, der Nationalstürmer scheiterte an Torhüter Dida. »Wenn der sitzt«, stellte er fest, »sieht's anders aus«.
Eine Viertelstunde später war er dafür gemeinsam mit Christian Lell am verhängnisvollen Ballverlust beteiligt, aus dem Clarence Seedorfs 1:0 entstand. Mit diesem Schock in den Stiefeln ließen die Münchener kurz darauf Filippo Inzaghi entwischen. Gestorben ist niemand, nur sportlich gab es anschließend kein Leben mehr beim FC Bayern. Podolski: »Tore wie aus dem Nix - tödlich für uns.«
Aus der Traum vom Triumph. Seit dem Titelgewinn 2001 kam München nie weiter als ins Viertelfinale. Andere standen im Weg, waren besser, glücklicher, was immer. Nur Nuancen? Allenfalls Details? Es fehlt wohl mehr. »Ich bin nicht bereit für Grundsatz-Urteile«, wollte Hoeneß sich zwar nicht vorschnell zur Situation des Klubs äußern, um eine intensive Diskussion kommen die Bosse jedoch nicht herum.
Sie werden sehr schnell beim Geld landen. Während Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und auch Präsident Franz Beckenbauer zur Großzügigkeit bei den Ausgaben nach fast 40 Millionen Euro Einnahmen neigen, hält sich Hoeneß gewohnt zurück: »Wir sollten mit unseren Mitteln versuchen, mitzuhalten. Mailand macht jedes Jahr Schulden. Wir haben keinen Berlusconi, der das auffängt. Wir machen auch in Zukunft keine verrückten Dinge.«
Was alle sehen, ist auch das Malheur auf dem Markt. Für die wirklichen Superkicker ist der FC Bayern nicht erste Wahl. So können sie sich für die neue Saison bisher nur mit Jan Schlaudraff, Hamit Altintop und Jose Ernesto Sosa schmücken. Da zucken die internationalen Konkurrenzbetriebe bestimmt nicht zusammen. Zu offensichtlich ist die Personalschwäche der Deutschen in der Abteilung für Innovation und Idee. Und wenn die Mannschaft es trotzdem mal in der Hand hat wie gegen Mailand, wird es vermasselt.
»Wir haben aus einer erstklassigen Position nichts gemacht«, lästerte Rummenigge, und einen Seitenhieb konnte sich auch Kahn nicht verkneifen: »Ich war doch der einzige, der nach dem 2:2 bei uns nicht gejubelt hat.« Nun gibt es dafür auch keinen Grund mehr.

Artikel vom 13.04.2007