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Radar-Foto lockt zur Probefahrt

Honda-Händler verschickt »Anhörungsbogen« - Stadt prüft Rechtsweg

Von Peter Schelberg
Herford/Bielefeld (WB). Zu schnell gefahren? Was das wohl wieder kostet! So ähnlich dürfte die spontane Reaktion auf einen »Anhörungsbogen« sein, der jetzt 22 000 Ostwestfalen und Niedersachsen ins Haus flatterte und für Irritationen sorgte.
Sieht aus wie ein amtliches Schreiben: Der Honda-Werbebrief.

Auf den ersten Blick ein amtliches Schreiben mit Stadtwappen. Erst beim zweiten Hinsehen wird klar, dass hier ein Autohändler zur Probefahrt im neuen 201 PS starken Honda Civic Type R einlädt.
Stadtwappen und -logo zeigt der Briefkopf, Namen, Durchwahl und Zimmernummer des Sachbearbeiters nebst Sprechzeiten, dazu ein Aktenzeichen sowie zwei grobkörnige Radarfotos. Eingeblendet sind Datum, Uhrzeit und auch die Geschwindigkeit: Mit »satten« 235 km/h hatte es der Temposünder offenbar ganz besonders eilig.
Hinter dem offiziell anmutenden Schriftstück steht allerdings keine bußgeld-fordernde Behörde, sondern das Auto-Forum Wiegers mit Honda-Niederlassungen in Bielefeld, Herford, Gütersloh, Porta Westfalica und Osnabrück.
Das Rechtsamt der Stadt Bielefeld prüft bereits, ob wegen des »Anhörungsbogens«, der dem echten Formular nachempfunden sei, juristische Schritte eingeleitet werden können. Es sei nicht gestattet, das offizielle Wappen der Stadt zu kommerziellen Zwecken zu verwenden, sagte Dietmar Schlüter, Sprecher der Stadt Bielefeld.
»In der Werbung wird es immer schwieriger, Aufmerksamkeit zu erregen - deshalb haben wir mit dieser ungewöhnlichen Aktion auf den neuen Civic hingewiesen«, betonte hingegen Geschäftsführer Peter Wiegers (58). »Wir wollten erreichen, dass die Leute zumindest hinschauen und anfangen zu lesen. Nach dem ersten Satz wird doch klar, dass der Anhörungsbogen nicht echt ist.«
Dafür spricht unter anderem die aufgeführte »Tatzeit«, Mittwoch, 11. April 2007, 9.30 Uhr. Gemeint ist: Von heute an steht in Wiegers' Honda-Niederlassungen ein bis zu 235 Stundenkilometer schneller »Power-Civic« für eine Probefahrt zur Verfügung. »Der geht richtig ab«, beschreibt der Unternehmer den »straßentauglichen Rennwagen«, stellt so den Bezug zu schnellem Fahren und möglichen Bußgeldbescheiden her. Dazu der Hinweis im »Anhörungsbogen«: »Laut § 3 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung sind Sie als Fahrzeugführer verpflichtet, nur so schnell zu fahren, dass eine ständige Fahrzeugbeherrschung sichergestellt ist.« Das klingt zwar nach Amtsdeutsch, gegen die Echtheit sprechen aber Sachbearbeiter-Sprechzeiten am »Samstag von 9.30 bis 14 Uhr«.
Natürlich, so räumt Wiegers ein, polarisiere diese Art der Werbung. »Aber viele Kunden fanden das witzig und haben uns angerufen, einige mussten wir aufklären und nur ganz wenige waren sauer.« Die Verwendung des Anhörungsbogens sei juristisch geprüft worden, versichert der Händler.

Artikel vom 11.04.2007