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Prinz Eisenherz in
voller Schönheit
Junger Verlag bringt Gesamtausgabe der Original-Zeichnungen Hal Fosters
Er ist 70! Einen Alterslosen wie ihn schert das selbst zwar wenig. Wir Sterblichen aber, die mit Prinz Eisenherz zunächst groß und dann alt geworden sind, wir halten über dieser Nachricht einen Moment inne - und blättern dann in den vergilbten alten Heften oder Billigdruck-Schmökern, als wär's in der eigenen Jugend.
Wie, Ihre »Eisenherz«-Comics sind vor Jahrzehnten zernagt, zerissen, verschimmelt im Müll gelandet? Und nun blutet das Herz? Nun, da lässt sich Abhilfe schaffen. Entweder mit akribischer Recherche in Comic-Antiquariaten. Oder ganz einfach in der Buchhandlung. Denn zu dem Jahrestag, den zu erleben einen Eisenherz aus Fleisch und Blut in seiner Zeit zum wahren Methusalem gemacht hätte, ist eine brandneue Gesamtausgabe angelaufen.
Der junge Bonner Verlag Bocola, vor gut einem Jahr gegründet, hat sämtliche 1788 Original-Zeitungsseiten zusammengetragen, auf denen der legendäre Prinz-Eisenherz- (im US-Original: Prince Valiant) Erfinder Harold R. (Hal) Foster vom 13. Februar 1937 an bis 1971 die aus sagenhafter Historie und noch mehr Phantasie gesponnenen Geschichten des tapferen Prinzen aus den Tagen Thules und König Arturs erzählte. Und vermutlich schöner als je zuvor geraten sie nun, akkurat gebunden, in Comic-Sammlers, Nostalgikers oder oder auch einfach Lesers Hand.
Moderne Digi-Tech macht's möglich, beschreibt Bocola-Verlagsgründer- und -leiter Achim Dressler (43) die Vorgehensweise. »Originalvorlagen von Foster gibt es nicht mehr. So nahmen wir uns Seite für Seite die wöchentlich in den ÝComic SectionsÜ der Sonntagsbeilagen amerikanischer Zeitungen erschienenen ÝPrince ValiantÜ-Geschichten vor.« Doch vor 70 Jahren war der Zeitungsdruck nicht dem heutigen vergleichbar - schon gar nicht, wenn's um Farbe ging. Und so mussten und müssen für das Projekt der Foster-Gesamtausgabe Farbverschiebungen und Farbübersättigungen bereinigt sowie durchscheinende Zeitungsrückseiten unsichtbar gemacht werden.
»Die Zeichnungen sind jetzt von einer Qualität, die jedes Bild zu einem kleinen Kunstwerk machen«, schwärmt Dressler, der als ausgemachter Comic- und natürlich auch Eisenherz-Fan irgendwann sein Hobby zum Beruf machte, ein Antiquariat und einen spezialisierten Handel für die gemalten Geschichten betrieb und schließlich den Verlag gründete, dessen erstes ambitioniertes Projekt nun die Komplett-Ausgabe der Hal-Foster-»Eisenherze« ist.
18 Bände mit den digital restaurierten Sonntagsseiten (Texte aber in Deutsch) sind insgesamt geplant, die ersten beiden mit den Eisenherz-Jahrgängen 1937/1938 sowie 1939/1940 liegen jetzt vor. Und über Mangel an Nachfrage für die schön aufgemachten, großformatigen Bücher von jeweils etwa 100 Seiten (Preis jeweils 19,90 Euro) mag sich Achim Dressler nicht beklagen. Schon wird über eine zweite Auflage des im Herbst 2006 erschienenen ersten Bandes nachgedacht, der »in ordentlicher vierstelliger Auflage« in den Handel kam.
»Die aufwändige Restaurierung findet Anklang«, hat er aus Leserreaktionen erfahren. Und weiß auch, dass er mit dem Klassiker Prinz Eisenherz das Herz vieler Comic-Freunde trifft: »In den 1950er Jahren war das auch in Deutschland ein Riesenerfolg. Die Geschichten erschienen hier in Heftform und hatten Auflagen bis zu 180 000 Stück. Prinz Eisenherz kannte eigentlich jeder. Und bei vielen Älteren klingelt's jetzt wieder, wenn sie den neuen Band in die Hand nehmen. Die sind begeistert.«
Das Sammler-Projekt soll nun in etwa vier Jahren komplett sein. Ursprünglich war alle drei Monate ein neuer Band geplant. »Der große technische Aufwand hat uns aber gezeigt, wir brauchen vier Monate«, sagt Jung-Verleger Achim Dressler. Ingo Steinsdörfer

Artikel vom 28.04.2007