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Haftstrafe für den Spielhallen-Räuber

Mitarbeiterin Messer an Kehle gehalten - Täter stellte sich später Polizei

Bielefeld (hz). Zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten ist gestern der Türke Suat D. von der III. Großen Strafkammer des Landgerichtes verurteilt worden. Der 28-Jährige hatte gleich zu Prozessbeginn gestanden, am 6. Januar dieses Jahres eine Spielhalle am Oberntorwall überfallen und 1 455 Euro erbeutet zu haben.

Am Tattag, kurz nach 9 Uhr, hatte Suat D. sein Taschenmesser der Spielhallenaufsicht Anke D. (52/Name geändert) an die Kehle gehalten und die Frau dazu gezwungen, sowohl die Kasse als auch den Tresor zu öffnen. »Ich hatte Todesangst«, erinnerte sich gestern vor Gericht die 52-Jährige an den wohl schlimmsten Tag ihres Lebens. Anke D., die bis heute unter dem Geschehenen leidet, konnte am 6. Januar 2007 schließlich in ein Nachbargeschäft flüchten.
Wenig glaubhaft wirkte dagegen gestern der Versuch des in Brackwede aufgewachsenen Angeklagten, die vier Richter der Großen Strafkammer von seiner Schuldunfähigkeit zu überzeugen. So will Suat D. seit acht Jahren massiv rauschgiftabhängig sein und neben den Drogen Crack sowie Marihuana täglich ein bis drei Gramm Kokain konsumiert haben. Finanziert habe er seine Sucht mit Krediten von Freunden, Wettgewinnen und Dealen im Ravensberger Park, versuchte der Arbeits- und Obdachlose zu erklären, wie er bis zu 240 Euro am Tag für den immensen Drogenkonsum zusammenbekommen haben will.
Den Raubüberfall auf die Spielhalle am Oberntorwall will Suat D. im Drogen- und Alkoholrausch begangen haben, um sich Geld für neues Kokain zu besorgen. Vor seiner »Spontantat«, berichtete der Türke, habe er mit einem Freund zwei Tage lang ohne Unterbrechung eine Kokainparty gefeiert und dabei 15 Gramm des weißen Pulvers geschnupft. Die Nacht vor dem Raubzug verbrachte der Angeklagte laut seinem Geständnis in einer Disko am Jahnplatz, wo er, bereits vollgepumpt mit Rauschgift, zusätzlich acht bis neun Whiskey-Cola sowie mehrere Ecstasy-Pillen in sich reingeschüttet haben will.
Nachdem im Prozess zunächst der Sachverständige Dr. Martin Reker Zweifel am vom Angeklagten geschilderten Drogenkonsum geäußert hatte, zog Vorsitzender Richter Jörg Schröder in seiner Urteilsbegründung nach: »Dass Sie 15 Gramm Kokain in zwei Tagen konsumiert haben wollen, nehmen wir Ihnen nicht ab!« Zudem sei die ganze Tat dilettantisch gewesen: Suat D., der sich sechs Tage nach dem Überfall wegen seines »schlechten Gewissens« der Polizei gestellt hatte und seitdem in Untersuchungshaft sitzt, war in der Spielhalle als Kunde bekannt gewesen. Eine Maske hatte der 28-Jährige beim Raubzug auch nicht getragen.
Verurteilt wurde Suat D. letztlich wegen schwerer räuberischer Erpressung in einem minderschweren Fall. Weil dem 28-Jährigen nicht zu widerlegen war, dass er vor dem Überfall zumindest ein gewisses Maß an Drogen konsumiert hatte, erkannte die Große Strafkammer zudem auf verminderte Schuldfähigkeit. Sowohl Staatsanwalt Hans-Dieter Heidbrede als auch der Angeklagte und sein Verteidiger Dirk Baumann nahmen gestern das Urteil an.

Artikel vom 11.04.2007