11.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Kein Raum für Steuersenkung«

SPD-Kritik an Glos-Plänen - Unterstützung aus den Reihen der Union

Berlin (ddp). Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ist für seinen Vorschlag zur Senkung der Einkommensteuer von SPD und Grünen heftig attackiert worden. Führende SPD-Politiker bezeichneten die Forderung des Ministers gestern als unseriös.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer warf Glos »Betrug« vor. Unterstützung erhielt der CSU-Politiker dagegen aus der Union und vom Bund der Steuerzahler.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bezeichnete den Vorstoß des CSU-Politikers als »Wünsch-Dir-Was-Politik«. Bund, Länder und Kommunen seien trotz der erfreulichen Steuerentwicklung des vergangenen Jahres nach wie vor »hochgradig verschuldet«, betonte er. »Und wir hören aus der Union immer wieder Forderungen, die nicht gedeckt sind.« Das sei keine seriöse Politik.
Fraktionsvize Joachim Poß kritisierte: »Überall lauern Milliardenrisiken und Herr Glos macht den Spendieronkel.« Er fügte hinzu, für Steuersenkungen in dieser Breite sei »in den nächsten Jahren kein Raum«. Der Steuerzuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung, höhere Kosten der Unterkunft für Langzeitarbeitslose oder auch Maßnahmen in der Familienpolitik müssten erst sortiert werden.
Grünen-Chef Bütikofer sagte: »Ich halte Herrn Glos für einen großen Illusionskünstler.« Einerseits wolle er diejenigen entlasten, die viel Einkommensteuer zahlen. Auf der andere Seiten verweigere er Geringverdienern einen Mindestlohn. »Das ist doch überhaupt nicht fair.«
Auch der Wirtschaftsweise Bert Rürup kritisierte die Forderung wegen der »haushaltspolitischen Schieflage« als »finanzpolitisch nicht zu verantworten«. Allein beim Bund betrage das strukturelle Defizit noch 30 Milliarden Euro. »Solange man einen so massiven Konsolidierungsbedarf hat, sollte man nicht über Steuersenkungen nachdenken«, sagte Rürup. Hinzu komme, dass die Große Koalition »eine ganze Reihe kostspieliger Vorhaben vereinbart« habe.
CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter verteidigte dagegen den Wirtschaftsminister. »Ich finde, dass Michael Glos die richtige Reihenfolge identifiziert hat«, sagte er. »Erstens konsolidieren, zweitens Sozialversicherungsbeiträge absenken. Und wenn dann noch etwas übrigbleibt, sollten wir drittens die Einkommensbesteuerung senken.« Glos habe nichts anderes als die Position der Union wiedergegeben.
»Wir sollten uns strategisch nicht auf die SPD einlassen, die eine Steuer-Erhöhungspartei ist«, mahnte der Bundestagsabgeordnete aus Minden.
Zurückhaltender äußerte sich Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU). Zunächst stehe die Konsolidierung des Bundeshaushalts im Vordergrund, sagte er. Ob es 2009 finanzielle Spielräume gebe, sei heute nicht vorhersagbar. »Das gleicht einem Blick in die Kristallkugel.«
Rückendeckung erhielt der CSU-Politiker zudem aus seiner eigenen Partei. Die Kritik an den Plänen sei »rein ideologisch motiviert«, sagte Landesgruppenchef Peter Ramsauer. »Nun gilt es, die Voraussetzungen für eine Festigung des Aufschwungs zu treffen.« Ein wichtiges Instrument hierfür sei die Steuerpolitik, betonte er.
Auch der Bund der Steuerzahler lobte Glos' Vorstoß. Im Zuge der Steuerreform der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2000 seien Eingangs- und Spitzensteuersatz deutlich abgesenkt worden, sagte Verbandspräsident Karl-Heinz Däke. Jetzt müsse etwas für die Entlastung der mittleren Einkommen getan werden.
Michael Glos hatte am Wochenende angekündigt, er wolle sich »energisch« für niedrigere Lohn- und Einkommensteuern einsetzen und dies auch zum Thema im nächsten Bundestagswahlkampf machen. Glos beharrte auch gestern ungeachtet der scharfen Kritik aus der SPD weiter auf seiner Forderung. »Wir müssen dafür sorgen, dass das Geld in den Taschen der Bürger bleibt, die es verdienen.«

Artikel vom 11.04.2007