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Unsere Hasen sind nicht
mehr die Sorgenkinder

Bestände seit Jahren konstant - Kaninchen wird selten

Von Markus Poch (Text und Fotos)
Ummeln (WB). Gerade zu Ostern muss diese Frage gestattet sein: Wie geht es eigentlich unserem Hasen? Bundesweit steht Lepus europaeus seit Jahren auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten. Doch die Bestände haben sich erholt. Das belegen auch die aktuellen Zählungen der Ummelner Jäger. Deshalb kann Hegeringleiter Albrecht Henke im April 2007 mit Freude verkünden: »Unserem Hasen geht es gut. Die Population ist ungefährdet.«

147 Langohren zählten Norbert Münch, Helmut Höcker und Albrecht Henke in den vergangenen Nächten auf dem 600 Hektar großen Areal der alten politischen Gemeinde Ummeln. Die Durchschnittsmenge seit 2001 liegt bei 150 Exemplaren während der Frühjahrszählung. Das aktuelle Zählergebnis entspricht 24,5 Hasen pro 100 Hektar, liegt damit sogar noch leicht über dem NRW-Landesdurchschnitt. Dabei ist NRW ohnehin schon Hasenhochburg in Deutschland. »Das liegt an der landschaftlichen Struktur«, erklärt Henke. »Der Feldhase ist ursprünglich ein Steppentier, liebt aber die Kleinflächigkeit. Diese furchtbar großen Güter wie in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern gibt es bei uns nicht.« Die hasenreichsten Bielefelder Stadtteile sind Altenhagen, Vilsendorf und Jöllenbeck.
Eine Bestandsaufnahme der Jäger kann zwar niemals eine 100-prozentige Trefferquote haben, doch liefert sie den Mindestbestand. Und die Hasen arbeiten hier gewissenhaft mit: Wenn Albrecht Henke und ein Kollege zwischen 21 und 0 Uhr im Geländewagen zum Zählen unterwegs sind, dann bleiben die Tiere im Schein des lichtstarken Quarz-Halogen-Strahlers geduldig sitzen bis der Strich gemacht ist. Dass Doppelungen in den Listen aufträten, käme laut Henke wegen der Standortreue der Hasen nur selten vor.
Das positive Ergebnis der jüngsten Zählung darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Feldhasen, wie auch alle anderen Wildtiere, durch zunehmende Besiedlung, Straßenausbau, fortschreitende Technisierung der Landwirtschaft und andere limitierende Faktoren einem erheblich Druck ausgesetzt sind. Auf der Suche nach Ruhe und Abgeschiedenheit wandelten sich Hasen und Rehe zum Beispiel immer mehr zu Nachttieren, obwohl sie von Natur aus tagaktiv seien, erklärt Henke. Zusätzlich hat der Hase seine natürlichen Feinde: An erster Stelle steht der Fuchs, es folgen Marder, Iltis, Wiesel, auch Krähen und Reiher. Letztere fressen zwar hauptsächlich Fische, Frösche und Mäuse, »aber ein junger Hase ist kaum größer als eine Maus«, betont Henke. »Und ob da nun ein Schwanz dran ist oder nicht - das ist dem Reiher egal. Der findet den kleinen Hasen sehr lecker...«
Mit seinem Fachwissen aus 50 Jahren aktiver Jagd und noch mehr Jahren in der Landwirtschaft steht der 71-Jährige heute der Unteren Jagdbehörde als Berater zur Seite. Weil Fachliteratur und Bestandslisten durch seine Hände gehen, weil er Jägerprüfungen abnimmt und viel mit Kollegen kommuniziert, ist Albrecht Henke eine Besorgnis erregende Entwicklung nicht verborgen geblieben: Das Wildkaninchen, in den 70er und 80er Jahren noch wie eine Plage übers Land verbreitet, wird immer seltener. Schuld daran haben Krankheiten wie Myxomatose und China-Seuche, die nicht in den Griff zu kriegen sind. Die Kaninchenbestände liegen heute vielerorts unter denen des Feldhasen, werden auch nicht mehr bejagt. Nach Henkes Meinung gehört das Kaninchen anstelle des Hasen auf die Rote Liste.

Artikel vom 06.04.2007