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Rose-Marie Halbrock (48) von der Wildwarte Quellenhof.


Kraulen rettet kranke Ziege

Rose-Marie Halbrock im Erzählcafe

Von Markus Poch (Text und Foto)
Brackwede / Gadderbaum (WB). Kranke und verletzte Wildtiere sowie Not leidende Haus- und Nutztiere haben seit Juli 2005 eine Auffangstation in Bielefeld: die Wildwarte Quellenhof in Gadderbaum. Über die Gründung dieser Institution und die tägliche Arbeit berichtete jetzt deren Leiterin Rose-Marie Halbrock im Brackweder Erzählcafé.

Tiere, Pflanzen und Natur sind schon immer die Themen gewesen, mit denen sich die Journalistin und Fotografin beschäftigt hatte. Nach 20 Jahren in Hamburg war die heute 48-jährige gebürtige Bielefelderin 2000 aus persönlichen Gründen zurück in ihre Heimat gekommen. Hier suchte sie nach neuen Herausforderungen und stellte fest, dass es niemanden gab, der sich um hilfebedürftige Wildtiere kümmerte. Sie führte zahlreiche Gespräche mit dem Tierpark Olderdissen, mit dem Tierheim Sennestadt, mit Naturschutzvereinen, Tierärzten, Behörden und so weiter. Schließlich rief sie den Verein »Wildhilfe Ravensberg« ins Leben, der die Wildwarte heute trägt. »Das funktioniert aber nur, weil viele Sponsoren, Stiftungen und Einzelpersonen uns finanziell unterstützen.«
Das Gelände am Quellenhofweg, bestehend aus Wirtschaftsgebäuden, Stallungen und mehr als zwölf Hektar Land mit Wiesen und Gärten zum Obst- und Gemüseanbau, war inzwischen Durchgangsstation für verletzte Greifvögel, Rehe, Marder, Schwäne, Enten und viele andere.
Vor 50 gespannten Zuhörern erinnerte sich die Wildwartenchefin an das schüchterne Entenküken Emma, das später zur frechen Flugente Emanuel wurde, oder an eine Ziege, die nur deshalb überlebte, weil ein Jugendlicher Helfer ihr stundenlang den kranken Magen kraulte. Sogar ein komplettes Zirkusteam aus Menschen und Tieren nahm die Wildwarte schon auf. Dauerhaft untergebracht sind dort Hühner, Gänse, Ziegen, Kaninchen und zwei alte Gnadenbrotpferde.
Um all die Tiere versorgen und den Hof bewirtschaften zu können, hat die Leiterin ein bis zu 25 Personen starkes Team um sich geschart. Bei ihren Ausführungen wurde klar, dass die Wildwarte längst auch eine »Auffangstation« für Not leidende Menschen geworden ist. Denn es sind vor allem Langzeitarbeitslose und Behinderte aus Bethel, die über die so genannten »Ein-Euro-Jobs« Betätigungsfelder finden. Hinzu kommen gelegentlich straffällig gewordene Jugendliche, die Sozialstunden ableisten müssen. »Es ist ganz erstaunlich, wie Menschen, die sich schon aufgegeben hatten, bei uns im Umgang mit Tieren und Natur wieder aufblühen«, betont Rose-Marie Halbrock. »Ohne sie und ihre Mithilfe wäre die Wildwarte ein Nichts.«

Artikel vom 06.04.2007