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»Die Chancen stehen 50:50«

Die Bayern gewinnen in Hannover 2:1 und denken nur noch an Mailand

Von Klaus Lükewille
Hannover (WB). Nach dem Spiel in Mailand und vor dem Anpfiff gegen Mailand: Zwischenstation Hannover. Lästiger Liga-Alltag in der siedend heißen Champions League-Phase. Der FC Bayern München blieb eiskalt und buchte die wichtigen drei Punkte.

Allerdings: Ottmar Hitzfeld entschied sich für eine riskante Rotation. Gleich auf sechs Positionen änderte der Trainer nach dem 2:2 in Italien seine Elf für die nationale Aufgabe. Neben dem verletzten Sagnol blieben Lucio und Salihamidzic gleich zu Hause in München, Hargreaves saß nur auf der Bank, Podolski kam erst nach 62 Minuten. Kahn, der für Rensing wieder zwischen den Pfosten stand, atmete nach dem Abpfiff auf: »Diesen Sieg in Hannover brauchten wir unbedingt. Für unser Selbstvertrauen - und für unser Ziel in der Bundesliga.«
Denn nach dem verdienten 0:1-Pausenrückstand drohte eine Niederlage. Die Stuttgarter, die zu diesem Zeitpunkt in Hamburg bereits 3:0 führten, lagen da im Kampf um Platz drei schon mit fünf Zählern vor München. »Die erste Hälfte war ganz schwach«, bekannte Hitzfeld. Demichelis und Schweinsteiger machten aus dem 0:1, das Bruggink erzielt hatte, noch einen 2:1-Erfolg. Die Bayern hatten die deutliche Pausenansprache des Trainers verstanden.
Torschütze Schweinsteiger wusste anschließend aber »von nichts«, als er mit der dicken Schlagzeile der »Bild-Zeitung« konfrontiert wurde. Manager Uli Hoeneß hatte hier seinen Jung-Star scharf kritisiert: »Er muss endlich aufwachen, das Sommermärchen ist vorbei.« Der getadelte WM-Teilnehmer mimte aber ziemlich echt den Ahnungslosen, was ihm Hoeneß hoch anrechnete: »Wenn der Schweini das so gesagt hat, war das ganz schön clever.«
Bayerns Spielchen mit ihren Problem-Spielern. Während der Manager knallhart drauf haut, gibt es vom Trainer ein paar Streicheleinheiten. Hitzfeld verkündete mit treuem Dackelblick: »Ich habe den Schweinsteiger in den letzten Wochen nicht ganz so schlecht gesehen.« Pyschologische Aufbauarbeit vor dem entscheidenden Viertelfinal-Rückspiel gegen den AC Mailand. Mit Peitsche und Zuckerbrot soll hier ein Spieler, der viel mehr kann, angetrieben werden. Denn am Mittwoch, das weiß Hitzfeld, reicht die Vorstellung von Hannover nicht: »Da müssen wir 50 Prozent mehr bringen.« Schweinsteiger zog sich gegen eine Knieverletzung zu, der Trainer rechnet aber mit seinem Einsatz. Außerdem kommmen alle zurück, die geschont wurden. Salihamidzic, Lucio, Hargreaves und Podolski sind wieder erste Wahl.
Das Halbfinale der Champions League winkt, die Bayern präsentieren sich inzwischen aber nicht mehr so optimistisch wie unmittelbar nach dem Schlusspfiff in Mailand. Da hatte Hoeneß noch getönt: »Wir sind jetzt der Favorit, wir kommen weiter. Da bin ich sicher.« Ziemlich laut gebrüllt, bayerischer Löwe. Jetzt, in Hannover, wurde er etwas leiser: »Ich meine: Die Chancen stehen 50:50.«
Das hört sich schon realistischer an, denn Hoeneß, der alte Fußball-Fuchs, er hat registriert, wie glücklich dieses 2:2 in Mailand war. Ein sogar zu gutes Ergebnis nach einer lange Zeit sehr schlechten Vorstellung - glaubt Kahn. Der gesperrte Torwart verfolgte die Partie zu Hause am Bildschirm und sieht die Ausgangslage so: »Sicher, mit einem 0:0 oder 1:1 sind wir durch. Aber vielleicht wäre eine 1:2-Niederlage besser gewesen. Dann hätten wir gewinnen müssen.« Da ist was dran. Denn auf Unentschieden spielen, das wird höchst gefährlich.

Artikel vom 10.04.2007