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»Ein katholisches Buch, wie es päpstlicher nicht sein kann, in Russisch für Russland.«

Leitartikel
Katholiken und Orthodoxe

Gesten der
Annäherung
mehren sich


Von Jürgen Liminski
Und er bewegt sich doch, der Dialog zwischen Rom und Moskau, zwischen den Katholiken und den Orthodoxen. Gewiss, man muss schon genauer hinschauen, um die Fortschritte zu erkennen, auch an diesem gemeinsamen Osterfest. Aber sie häufen sich in aller Diskretion. Da tagt nach sechs Jahren erstmals wieder die gemeinsame katholisch-orthodoxe Theologenkommission, da unterhalten beide Kirchen in der russischen Hauptstadt eine feste Gesprächsrunde über theologische und gesellschaftliche Fragen, und da besucht der russische Präsident Wladimir Putin den Papst in Rom.
Wer die auch historisch enge Verflechtung der russisch-orthodoxen Kirche mit der Regierung in Moskau kennt, kann sich kaum vorstellen, dass Putin mit dem Papst nur über das Wetter in Moskau oder nur über politische Krisen wie Iran, Nahost oder die Raketenabwehr gesprochen hat. Die Beziehungen des Vatikan zum Patriarchat waren auch ein Thema. Einzelheiten wurden zwar nicht bekanntgegeben. Aber das von beiden Seiten als angenehm empfundene Klima des Treffens passt in die Großwetterlage, auch wenn das Moskauer Patriarchat offiziell schweigt.
Inoffiziell aber sind Signale auch über die Treffen der Kommissionen hin zu erkennen. Papst Benedikt hat als ökumenische Geste gegenüber der Orthodoxie zum Beispiel auf den päpstlichen Titel eines »Patriarchen des Abendlandes« verzichtet, nach 1500 Jahren. Die Gegen-Geste ließ nicht lange auf sich warten.
Noch als Professor hatte Benedikt XVI. eine Einführung in das Christentum geschrieben, und die Einleitung in dem Buch war so knapp wie klar: »Credo. Amen«. Dieses Buch ist vielfach neu aufgelegt und in etliche Sprachen übersetzt worden. Nun auch ins Russische und das Vorwort schrieb niemand anderer als die Nummer zwei in der Hierarchie der russisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Kyrill. Ein katholisches Buch, wie es päpstlicher nicht sein kann, in Russisch für Russland und mit einem Vorwort des orthodoxen Patriarchats - kann es ein deutlicheres Zeichen für den guten Willen zur Einheit geben?
Derselbe Kyrill schrieb jetzt zusammen mit der Nummer eins, dem Patriarchen Alexej II., ein Grußwort an das weltweit tätige katholische Hilfswerk »Kirche in Not«, in dem beide zum 60. Geburtstag gratulierten. Sicherlich, das Hilfswerk hat den Russen viel geholfen, aber der ausgesprochen herzliche Gruß mit dem Wunsch nach weiterer Zusammenarbeit unter gleichen Brüdern klang doch sehr politisch.
Jetzt fehlt nur noch die Begegnung zwischen Benedikt XVI. und Alexej II. Hinter vorgehaltener Hand spricht man schon darüber und dass sie auf neutralem Boden stattfinden werde. Wahrscheinlich wird es noch ein paar Monate dauern, aber die Bewegung hin zu diesem Ziel ist nicht mehr zu verkennen. Jetzt ändern sich die Zeiten. Auch in Russland wird der Druck des Islam stärker. Da schaut man sich beizeiten nach natürlichen Verbündeten außerhalb der Orthodoxie um. Rom ist der natürlichste.

Artikel vom 10.04.2007