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Das Studium kann noch warten

Armine Robert Tesche steht in Berlin vor seinem zweiten Bundesligaeinsatz

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Der April, sagt der Volksmund, macht, was er will. Das hat auch Robert Tesche zu spüren bekommen - im angenehmsten Sinn. Geplant hatte der 19-Jährige, in diesem Monat sein Studium zu beginnen. »Das ist jetzt erstmal auf Eis gelegt«, sagt er. Aus gutem Grund. Arminia Bielefelds Talent startet seit neuestem in der Fußball-Bundesliga durch.

»Dass es so schnell geht, damit habe ich nicht gerechnet«, kann Oberliga-Amateur Tesche noch immer nicht richtig glauben, dass er vor einer Woche gegen Dortmund sein Debüt in der 1. Liga gab. »Erst war ja die Rede davon, dass ich nur mal eine Woche oben mittrainieren soll.«
Inzwischen hat er nicht nur seine zweite Trainingswoche, sondern auch seine ersten 67 Pflichtspielminuten mit den Profis hinter sich. »Gut möglich, dass man von so einer Erfahrung süchtig wird«, sagt der Mittelfeldspieler, der hofft, an diesem Samstag in Berlin weitere Erfahrungen auf nationalem Topniveau sammeln zu dürfen. Die Aussichten könnten schlechter sein. Trainer Ernst Middendorp verrät: »Robert ist im Kader. Ob er wieder von Anfang an spielt, kann ich noch nicht sagen. Er hat sicher gute Chancen.« Gravierende Fehler sind dem Debütanten gegen Dortmund nicht unterlaufen. Doch Robert Tesche verrät: »Der Trainer hat mir auch gesagt, ich soll robuster spielen und mehr Bälle fordern.«
Viele Bekannte und Verwandte haben ihm zum Bundesligaeinstand herzlich gratuliert. Darunter sein ehemaliger Jugendtrainer Karl-Heinz Koberstein. Beim VfL Mennighüffen, einem kleinen Ortsverein im Kreis Herford, lernte Tesche das Fußball-ABC. Sein letzter Trainer dort war Uwe Fischer, der sich gern erinnert: »Robert hat damals schon alle anderen überragt.« Thomas Arius zählte ebenfalls zu Tesches Trainern. Er weiß: »Auch Dortmund wollte ihn haben.« Wer weiß, wie das Spiel gegen die Borussia ausgegangen wäre, hätte sich Tesche für den BVB entschieden . . .
»Der Wechsel zu Arminia hat meinem Selbstbewusstsein gut getan«, sagt Tesche, der schon als kleiner Junge vom großen Fußball träumte. Es ist gar nicht lange her, da saß er noch zu Hause in Löhne-Ostscheid auf dem elterlichen Sofa, um mit Papa Frank und Mama Simone bei Arena die Arminia-Auftritte im Fernsehen zu verfolgen. »Klar habe ich mir gewünscht, selbst dabei sein zu können«, sagt Tesche junior. »Wir haben auch nie die Konferenz, sondern immer nur Arminia geguckt.« Mitgelitten habe er mit den Profis, als sie in der Rückrunde erst in Mainz, dann in Aachen antraten. Enttäuscht sei er gewesen, weil beide Spiele verloren gingen. Er konnte ja noch nicht ahnen, dass ihm diese Niederlagen den direkten Weg in den Profikader erleichtern würden.
Jetzt ist Tesche selbst Teil der Bundesliga. Ein kleiner nur, das ist ihm bewusst. Bewusst ist ihm auch, wie schnell eine Kicker-Karriere wieder beendet sein kann. Acht Mal brach er sich schon das Schlüsselbein. Das erste Mal bei seiner Geburt, zuletzt als C-Junior bei Arminia. »Deshalb bin ich ausgemustert worden«, sagt Tesche, der nach dem Abitur weder zur Bundeswehr noch seinen Zivildienst abzuleisten brauchte. »Abi wollte ich unbedingt machen, allein für den Fall, dass im Fußball irgendwas schief geht.« Doch nun geht der Sport vor, das Studium kann warten. »Mit Sportwissenschaften hätte ich wegen des Numerus clausus sowieso noch nicht anfangen können. Dafür bekomme ich ein Wartesemester angerechnet für den Fall, dass ich später einsteige.« Außerdem könnte er dann auf den Erfahrungswert seiner Freundin Martina bauen. Sie studiert in Bielefeld auf Lehramt.

Artikel vom 06.04.2007