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»Eine einzige Fehlentscheidung«

Aktionäre fordern schnelle Trennung von Daimler und Chrysler

Berlin (dpa). Daimler-Chrysler-Aktionäre drängen auf einen schnellen Abschied von der angeschlagenen US-Tochter Chrysler. Auf der Hauptversammlung gestern in Berlin zogen sie eine verheerende Bilanz der deutsch-amerikanischen Autoehe und forderten die Konzernspitze auf, schnellstmöglich die Reißleine zu ziehen.
Nach außen gut gelaunt: Daimler-Chrysler-Vorstand Dieter Zetsche (Mitte), der scheidende Aufsichtsratschef Hilmar Kopper (rechts) und sein Nachfolger Manfred Bischoff gestern in Berlin. Foto: Reuters
Die Fusion sei eine »einzige Fehlentscheidung« gewesen, Chrysler hänge »seit Jahren wie ein Mühlstein am Hals des Konzerns«. Vorstandschef Dieter Zetsche bestätigte erstmals offizielle Gespräche mit Interessenten und nährte damit Erwartungen über einen Verkauf der US-Tochter.
Zu Einzelheiten der Kontakte mit den Chrysler-Interessenten äußerte sich Zetsche vor etwa 7000 Aktionären nicht. Offen blieb daher, ob der Dax-Konzern über einen kompletten Verkauf von Chrysler verhandelt oder sich möglicherweise nur von einem Teil des US-Autobauers trennen will. Das Management halte sich nach wie vor alle Optionen offen, um den »größtmöglichen Handlungsspielraum« zu haben, sagte der Vorstandschef. Die Aktien von Daimler-Chrysler verloren gestern etwa 1,3 Prozent auf 61,20 Euro, nachdem sie zuletzt kräftig gewonnen hatten.
Auch die schwäbische Konzernzentrale drängt nach einem Milliardenverlust bei der US-Tochter auf einen schnellen Verkauf von Chrysler. Mitte Februar hatte Zetsche in Detroit angekündigt, zusätzlich zu einem neuen Sparprogramm alle Optionen für Chrysler prüfen zu wollen. Als Interessenten für Chrysler gelten der kanadische Zulieferer Magna sowie die Finanzinvestoren Cerberus und Blackstone. Cerberus wird vom früheren Daimler-Chrysler- und VW-Manager Wolfgang Bernhard beraten. Als möglicher Verkaufspreis werden bis zu neun Milliarden Dollar (etwa 6,7 Milliarden Euro) genannt.
Aktionärsvertreter nutzen die Hauptversammlung zu einer Generalabrechnung mit dem früheren Management und kritisierten die Fusion mit Chrysler scharf. »Was die 'Welt-AG' angeht, stehen wir vor einem Scherbenhaufen, wie er größer nicht sein könnte«, sagte Lars Labryga von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Vor allem das Management um den früheren Vorstandschef Jürgen Schrempp habe sich viele Fehlentscheidungen zu Schulden kommen lassen.
Zetsche betonte, Grundbedingung bei allen möglichen Optionen sei die Umsetzung des im Februar bekannt gegebenen Sanierungsplans bei Chrysler. Das Sparprogramm, das unter anderem den Abbau von 13000 Arbeitsplätzen bis 2009 vorsieht, soll Chrysler wieder profitabel machen.
Die Hauptversammlung war außerdem der letzte Auftritt von Hilmar Kopper an der Spitze Aufsichtsrates. Für den 72-jährigen Ex-Deutsche-Bank-Sprecher rückt nach 17 Jahren Amtszeit als Chefkontrolleur der derzeitige EADS-Co-Verwaltungsratschef Manfred Bischoff nach. Damit endet eine lange Unternehmenstradition des Autobauers, nach der dem Kontrollgremium ein Mitglied des Frankfurter Kreditinstituts vorsteht.

Artikel vom 05.04.2007