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Schuldfähigkeit neu überprüfen

Bundesgerichtshof hebt Urteil im Fall der neun toten Babys auf

Frankfurt (Oder) (dpa). Der Tod von neun Babys einer Frau aus dem brandenburgischen Brieskow-Finkenheerd wird erneut ein Fall für die Justiz.
Sabine H. während des Prozesses im Gespräch mit ihrem Verteidiger. Foto: dpa

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil gegen die Mutter teilweise aufgehoben. Dem Beschluss nach muss das Landgericht Frankfurt (Oder) die Strafe neu bestimmen. An der Schuld der Mutter bestehen keine Zweifel, teilte der BGH gestern mit. Nach Auffassung der Richter wurde aber eine mögliche Verminderung der Schuldfähigkeit der Angeklagten nicht ausreichend geprüft.
Die damals 40-jährige Sabine H. war am 1. Juni vergangenen Jahres zu 15 Jahren Haft wegen Totschlags in acht Fällen verurteilt worden. Der neunte Fall war verjährt. Laut Urteil hat die Angeklagte zwischen 1992 und 1998 acht lebend geborene Kinder unversorgt gelassen, bis sie einen qualvollen Tod durch Unterkühlung erlitten. Dann wickelte die 13fache Mutter die Babys in Plastiktüten und verscharrte sie in Gefäßen. Das Motiv der Frau war nach Überzeugung der Richter Angst um ihre Ehe.
Nach Auffassung des BGH war diese Verurteilung korrekt. Das Landgericht Frankfurt (Oder) sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Kinder bei der Geburt lebten. Zwar konnte die Todesursache bei der Obduktion der Leichen nicht im Einzelnen nachgewiesen werden, dem Gericht hätten jedoch ausreichend Indizien vorgelegen. Zudem habe die Angeklagte im Ermittlungsverfahren selbst eingeräumt, dass zwei Kinder gelebt hätten. Bei dieser Sachlage müsse das Gericht nicht dem Grundsatz »Im Zweifel für den Angeklagten« folgen und davon ausgehen, dass eines oder mehrere Kinder bereits tot zur Welt gekommen seien, hieß es.

Artikel vom 05.04.2007