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»Frankfurter Allgemeine«

»Mogeln, fälschen: In den Naturwissenschaften jagt ein Betrug
den nächsten.«

Leitartikel
Politik »nimmt« Wissenschaft

Wer hört schon
auf Susan S.?


Von Rolf Dressler
Hand aufs Herz, verehrte Damen und Herren: Der vielbeschworene Bürgerwille - was und wieviel bewirkt er eigentlich ganz konkret, politisch-alltagspraktisch und überhaupt?
Beim Wähler, Steuerzahler, Arbeitnehmer und Unternehmer, bei Durchschnittsverdienern, mittelprächtig Betuchten oder mit irdischen Gütern besonders Gesegneten?
Die Meinung der Genannten über die Politik und deren Macher fällt nicht eben schmeichelhaft aus, heute weniger denn je. Tendenz günstigstenfalls etwa gleichbleibend. Zweierlei sticht nach der Alltagserfahrung der Menschen als besonders nachteilig hervor:
- Immer häufiger lässt die herrschende politische Klasse offenkundige Wünsche locker links liegen, enttäuscht begründete Erwartungen und schlägt selbst konkrete Bedrohungsbefürchtungen wie etwa bezüglich des offensiven Islam in den Wind.
- Und ein zweites ungutes, aber leider gängiges Verhaltensmuster: Man umschweigt oder verharmlost offensichtliche Gefahren, die von innen oder von außen heraufziehen und enthält Publikum sogar objektiv wichtige Informationen schlicht vor.
Das erweist sich derzeit geradezu exemplarisch auch an dem Ringen um die Meinungsführerschaft darüber, ob »die« (angeblich vom Menschen verursachte) »Welt-Klimakatastrophe« nun unwiderruflich sei oder nicht; und ob sie, wenn überhaupt, in allerletzter Sekunde zumindest noch ein wenig gemildert werden könne.
Er glaube (!?), so verkündet es der UN-Weltklima-Rat, den Nachweis dafür führen zu können. Zugleich jedoch räumt er hintertürchenhalber ein, dass »Unwägbarkeiten und Unsicherheiten« der Computer-Modellannahmen mit mindestens noch zehn Prozent zu veranschlagen seien. Was aber tut daraufhin die Politik? Sie nimmt die Unheilsprognose komplett für bare Münze - differenzierte Betrachtung und gründliche Information der Öffentlichkeit augenscheinlich unerwünscht.
Beides gereicht weder der Politik noch den Naturwissenschaften zur Ehre. Ganz im Gegenteil. Es schädigt die Wissenschaften, die doch stets ganz besonders darauf bedacht sind, als unabhängig neutrale und um Wahrheit bemühte gesellschaftliche Spitzeninstanz zu gelten und nicht von der Politik vereinnahmt und ideologisch instrumentalisiert zu werden.
Genau dieser Gefahr entzieht sich - demonstrativ-mutig - ausgerechnet die angesehene US-Atmosphärenchemikerin Susan Salomon. Kaum hatte sie der Weltpresse Anfang Februar den Sachstandsbericht des UN-Welt-Klima-Rates vorgestellt und erläutert, bekräftigte sie, dass sie für ihre Person »fest auf der Seite der Wissenschaft bleiben« werde. Zitat: »Es ist nicht meine Aufgabe, der Politik oder sonstwem Empfehlungen auszusprechen. Das ist Aufgabe der Gesellschaft, die Wissenschaft kann ihren Fachbeitrag dazu leisten, wann und wo immer dies gewünscht wird. Nicht mehr und nicht weniger.«
Ein ungewöhnliches Bekenntnis, aller Achtung wert. Aber eine leider höchst seltene Ausnahme.

Artikel vom 05.04.2007