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Aus Briefen an die Redaktion


Woher kommt
dieser Hilfeschrei?
Die Gründe, die zur Besetzung der Paul-Gerhardt-Kirche führten, sind Thema des folgenden Leserbriefes

Als ehemaliger Pfarrer der Paul-Gerhardt-Gemeinde möchte ich zur Situation der Gemeinde Stellung nehmen.
Woher kommt denn dieser Hilfeschrei? Wieso wissen sich einige Gemeindeglieder gegenwärtig keinen andern Rat mehr, als die Paul-Gerhardt-Kirche besetzt zu halten und Tag und Nacht im Kirchsaal zuzubringen, obgleich der Strom abgeschaltet und selbst die Toilette zugeschlossen ist? Woher kommen die überwältigende Unterstützung weit über die Gemeindegrenzen hinaus, die Zeichen der Liebe und Zuwendung für sie und am letzten Sonntag sogar ein Besuch von circa 160 Personen, die ohne Pastor und ohne Orgelbegleitung, aber mit frischem Gesang den Gottesdienst gefeiert haben?
Meint man, sie seien alle naiv, unbelehrbar und verstünden die Zeichen der Zeit nicht mehr?
Die Glieder der ehemaligen Paul-Gerhard-Gemeinde wurden gedemütigt, bevormundet und wie kleine Kinder behandelt. Alle Einwände gegen einen Verkauf des Gotteshauses hat man mit einem beharrlichen Nein beantwortet.
Dabei war das Gemeindeleben intakt. Sonntags feierten sie den Gottesdienst. In der Woche trafen sich die verschiedenen Kreise. Der Kindergarten ganz in der Nähe fand regen Zuspruch. Die Gemeinde war schuldenfrei. Inzwischen hat sich ein Förderverein gebildet, der für 25 000 Euro pro Jahr bis auf weitere Zukunft die Unterhaltung des Gebäudes sicherstellt. Für diakonische und missionarische Zwecke hat sich die Gemeinde beispielhaft so eingesetzt, dass sie es nicht nötig hat, sich vorschreiben zu lassen, wie dieses Geld anderweitig besser verwendet wäre. Dem jüdischen Volk ist sie wohlgesinnt. Dass aber der Verkauf ihrer Kirche mit dem Kirchengesetz vereinbar sei, dagegen wendet sie sich entschieden. Man hält es nach wie vor für einen Vertrauensbruch, wenn der Bevollmächtigtenausschuss und der Kreissynodalvorstand meinen, das Gotteshaus jetzt verkaufen zu können.
Eine Lösung des Problems wäre m. E. leicht herbeizuführen: Auf beiden Seiten sind doch Christen, für die wir beten. Darum erklärt man für die Zukunft nicht nur »Gesprächsbereitschaft«, sondern ist ehrlich bereit, aufeinander zu hören. Die Frage des Verkaufs wird ganz dem Paul-Gerhardt-Bezirk und seinen ehemaligen Presbytern Übelassen. Sie selbst entscheiden darüber, ob und wann die Paul-Gerhardt-Kirche verkauft werden soll.
HANS-JOACHIM DRÖGEPfr. i.R.32689 KALLETAL


Verschandelung
der Altstadt
Zur Ankündigung der Altstädter Nicolai-Gemeinde, die Pläne zum Bau eines Aufzuges weiter zu verfolgen, die folgende Zuschrift:
Die Absicht von Pastor Piepenbrink-Rademacher, an der Außenwand des Nicolai-Kirchturms in der Bielefelder Altstadt einen Fahrstuhl und auf dem Kirchturm eine Aussichtsplattform zu installieren, um mit Eintrittsgeldern seine Gemeindekasse zu füllen, ist leider nur auf den ersten Blick eine großartige Idee.
Erst vor kurzer Zeit wurde die Fußgängerzone in der Altstadt durch teuren China-Granit optisch aufgewertet. Der Aufzug am Kirchturm hingegen würde zu einer optischen Abwertung der Fußgängerzone aus Blickrichtung Alter Markt führen. Pastor Piepenbrink-Rademacher scheint das egal zu sein. Er will die Bürger zu Geldspenden aufrufen, um sein Aufzugvorhaben finanzieren zu können. Seine Devise lautet: Monetik statt Ästhetik. Dass eine Spenderin, die alles finanzieren wollte, ihre Spendenzusage zurückgezogen hat, ist deshalb äußerst begrüßenswert, denn jeder Bürger sollte sich vor Augen führen, dass eine Spende für den Aufzug eine Spende für die Verschandelung der Altstadt bedeutet. Und welcher Bürger will so etwas schon.
übrigens: Die Rathauspolitiker und Ausschussmitglieder haben aus der optischen Misere des Jahnplatzes, verursacht durch die Bushaltestellendächer, offenbar nichts gelernt. Hätten sie sonst grünes Licht für die Verschandelung der Nicolaikirche und damit der Altstadt gegeben?
DIETER KNOST33615 BIELEFELD

Artikel vom 05.04.2007