05.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Wir sind jetzt der Favorit«

Nach dem 2:2 in Mailand: Bayern hat die Halbfinal-Tür aufgestoßen

Mailand (dpa). Jetzt oder nie: Nach dem Last-Minute-Remis in Mailand schworen sich die Bayern-Profis noch in den Katakomben des Giuseppe-Meazza-Stadions, dass die schwarze Europapokal-Serie gegen Angstgegner AC Milan am kommenden Mittwoch in München endlich reißen wird.

Beim Bankett im »Grand Hotel Brun« herrschte nach dem glücklichen 2:2 ein unerschütterlicher Glaube an den ersten Einzug ins Champions-League-Halbfinale seit dem Titelgewinn 2001. Die Bayern schlüpften nach dem Happy End im Viertelfinal-Hinspiel forsch in die Favoritenrolle. »Natürlich sind wir jetzt Favorit. Nach einem 2:2 sind die Chancen größer als 50 Prozent. Da sollten wir schon mit einem breiten Kreuz ins Rückspiel gehen. Wenn wir jetzt nicht die besseren Karten haben, wann dann?«, erklärte Manager Uli Hoeneß. Auch Trainer Ottmar Hitzfeld erhöhte die Erfolgschancen auf »55:45«.
»Die Tür ist jetzt auf«, meinte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der angesichts der Jubelstimmung auch einen Warnruf für notwendig erachtete: »Wir sollten nicht den Fehler machen und glauben, wir haben es schon geschafft.« Durch sind die Bayern noch lange nicht, befand auch Milan-Star Kaka: »Dieser FC Bayern hat kein gutes Spiel abgeliefert. Diesen FC Bayern kann man auch am 11. April in München schlagen.«
Ohne die gesperrten Anführer Oliver Kahn und Mark van Bommel, dessen physische Präsenz im Mittelfeld vermisst wurde, kamen die Bayern erst in Fahrt, als der betagten Milan-Elf die Kraft ausging. »Nesta, Maldini und Gattuso haben am Ende nur noch gepumpt und gehofft, dass der Schiedsrichter abpfeift«, bemerkte Hitzfeld.
So kam es, dass van Buyten nach dem Halbzeit-Führung durch Weltmeister Andrea Pirlo (40.) in einer verrückten Schlussphase zwei Mal zurückschlagen konnte. In der 78. Minute gelang dem Belgier sein erster Streich mit links. Nach Kakas Foulelfmeter (84.) war der Abwehrhüne nach 3:39 Minuten in der Nachspielzeit nochmals mit dem linken Fuß zur Stelle. »Wenn schon die Stürmer nicht treffen, sind eben die Abwehrspieler dran«, betonte Hitzfeld. Gegen Real Madrid hatte im Achtelfinale Lucio in beiden Partien per Kopf getroffen.
»Gefallen hat mir, wie die Elf zwei Mal zurückgekommen ist«, lobte Rummenigge, der vor allem auf die Rückkehr von Bommel setzt: »Er ist zurzeit unser wichtigster Mann.« Der deutsche Meister machte kein großes Spiel, aber er bewies große Moral. Vor allem nach dem Elfmeter, bei dem Lucio im Zweikampf mit Landsmann Kaka klar den Ball spielte. »Es wäre fatal gewesen, wenn man mit einem solchen Elfmeter, der keiner war, 1:2 verloren hätte«, schimpfte Rummenigge. Referee Juri Baskakow aus Russland wäre zum Buhmann des Abends geworden. »Über den Elfmeter wollen wir nicht reden, sonst werden wir wütend«, fauchte Hoeneß. Und Franz Beckenbauer monierte: »Die Entscheidung war ein totaler Witz.«
Bitter für Bayern: Verteidiger Willy Sagnol zog sich in Mailand eine Meniskusverletzung zu, der Franzose fällt für den Rest der laufenden Saison aus.

Artikel vom 05.04.2007