04.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gute Miene zum bösen Spiel

Nach der gescheiterten Endesa-Übernahme plant E.ON nun neue Einkäufe

Madrid (dpa). Der Energieriese E.ON hat nach dem Rückzug aus dem milliardenschweren Bietergefecht um den spanischen Stromversorger Endesa neue Übernahmeziele ins Visier genommen.
Einigung nach langen Verhandlungen in Madrid (v.l.): Enel-Chef Fulvio Conti, Acciona-Vorstand Jose Manuel Entrecanales und Wulf Bernotat, Vorstandsvorsitzender des deutschen Energieriesen E.ON. Foto: dpa

»Auf dem Erreichten werden wir uns nicht ausruhen«, sagte Vorstandschef Wulf Bernotat gestern in Madrid. E.ON verfüge weiterhin über eine hohe Finanzkraft, die Handlungsspielräume sichere. Am Vorabend hatte sich E.ON, wie berichtet, überraschend mit seinen Rivalen Enel und Acciona auf einen Kompromiss und damit auf ein Ende der Blockade bei Endesa verständigt. Die Regierungen der beteiligten Länder begrüßten die Vereinbarung.
Der Rückzug aus dem Bietergefecht ließ an der Börse die E.ON-Aktie um knapp sechs Prozent in die Höhe schießen. Analysten erwarten nun die Ausschüttung einer hohen Sonderdividende. E.ON will hierüber in den kommenden Monaten entscheiden. »Wir werden nun in aller Ruhe unsere zukünftige Finanzstruktur erarbeiten«, sagte Bernotat.
E.ON hatte sich am Montag überraschend mit dem italienischen Versorger Enel und dem Mischkonzern Acciona auf eine teilweise Aufteilung von Endesa verständigt. E.ON-Chef Wulf Bernotat zeigte sich auf einer Pressekonferenz in Madrid zwar enttäuscht, dass die geplante mehrheitliche Übernahme nicht erreicht wird. Die Vereinbarung mit Enel und Acciona, die zusammen bereits 46 Prozent der Endesa-Anteile halten, sei aber eine »vernünftige Lösung«. Sie verhindere eine weitere Eskalation der Auseinandersetzung und schaffe Klarheit für alle Beteiligten.
Der vereinbarte Kompromiss sieht unter anderem vor, dass E.ON ein Beteiligungspaket mit Endesa-Aktivitäten in Spanien, Frankreich und Italien in einer Größenordnung von zehn Milliarden Euro erhält. Für Enel und Acciona könnte sich die Übernahme von Endesa nach Schätzungen aus Branchenkreisen auf einen Wert von 34 Milliarden Euro belaufen. E.ON hatte zuletzt gut 42 Milliarden Euro für Endesa geboten.
Bernotat zeigte sich zufrieden mit der Lösung: Das Beteiligungspaket verschaffe E.ON den Markteintritt in Spanien, die Position in Italien und Frankreich werde verbessert. In Spanien würde das Unternehmen mit der Übernahme von Viesgo die Nummer vier, in Frankreich und Italien jeweils die Nummer drei auf dem Markt sein. Bernotat: »Wir sind das einzige Unternehmen in Europa, dass in allen wichtigen Märkten vertreten wäre«. Insgesamt bezifferte der Konzernchef das Endesa-Paket auf einen Anteil von 30 Prozent der weltweiten Erzeugungskapazitäten des spanischen Unternehmens.
Die Endesa-Beteiligungen sieht E.ON zugleich als künftige Wachstumsplattform in diesen Ländern. »Wir sind noch nicht zufrieden mit den erreichten Marktpositionen«, sagte er. Aber auch in anderen Ländern will sich der Konzern nach Zukäufen umsehen. Dabei nannte Bernotat unter anderem Märkte in Osteuropa, den russischen Strommarkt und die Türkei.
Italienische Medien feierten Enel als klaren Sieger des Übernahmekampfes. Der italienische Ministerpräsident Romano Prodi begrüßte den Rückzug von E.ON. Nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) zeige die Entwicklung, wie »schwer ein gemeinsamer Energiemarkt ist«. Auch die spanische Regierung begrüßte die Einigung von E.ON, Enel und Acciona.

Artikel vom 04.04.2007