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Supernasen mit
Schlapp-Ohren

NRW revolutioniert Spürhundsuche

Von Christian Althoff
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Sie sollen vermisste Kinder finden und Straftäter jagen: In der Polizeihundeschule Stukenbrock (Kreis Gütersloh) werden seit November vier Spürhunde ausgebildet, deren Können selbst Experten ungläubig staunen lässt.

Seit 21 Jahren trainiert Günther Bonke (50) Polizeihunde. Sie finden versunkene Wasserleichen, winzige Blutstropfen und Benzinspritzer, die Brandstifter hinterlassen haben. »Ich dachte, dass mich keine Hundenase mehr verblüffen kann«, sagt der stellvertretende Leiter der Diensthundeführerschule in Stukenbrock. Doch dann war er im vergangenen Jahr mit einem Kollegen in die Schweiz gereist und hatte die Hunde der dortigen Polizei erlebt: »Mein Kollege ging durch eine belebte Fußgängerzone. 24 Stunden später zeigte uns ein Polizist, wie sein Spürhund die alte Witterung aufnahm und ihr folgte - Êdrei Kilometer weit! Das hätte keiner unserer Hunde geschafft.«
Die nordrhein-westfälischen Polizeihunde folgen einer Spur bislang nur auf Wiesen und in Wäldern: Sie orientieren sich an dem Geruch, der an den Knickstellen entsteht, wenn ein Mensch Gräser oder Zweige zertrampelt. Sobald der Hund eine gepflasterte Fläche erreicht, verliert er die Witterung.
Das Land NRW hat deshalb 60 000 Euro zur Verfügung gestellt, um bis Ende 2008 ähnliche »Supernasen« in Stukenbrock ausbilden zu lassen wie sie die Schweiz besitzt. Die Schule kaufte vier schlappohrige Welpen: den Bayerischen Gebirgsschweißhund »Dr. Watson«, den Schwarzwälder Schweißhund »Dr. Quincy« und die beiden französischen Bloodhound-Hündinnen »Ishami« und »Bärbel«. Günther Bonke: »Diese Rassen sind seit Jahrhunderten wegen ihres hervorragenden Geruchssinns für die Jagd gezüchtet worden und bieten sich für die Suche nach Menschen geradezu an.« Allerdings müssen sie erst trainiert werden. Das beginnt damit, dass sich ihr Ausbilder und späterer Hundeführer in der Nähe versteckt und der Hund ihn suchen muss. Wenn das klappt, wird die Distanz vergrößert.
»Jeder Mensch verliert ständig Millionen abgestorbener Hautzellen, die seinen individuellen Geruch tragen. Diesen mikroskopisch kleinen Hautpartikeln, die zu Boden rieseln, soll der Hund folgen«, erklärte der Experte. Ein Kleidungsstück eines vermissten Kindes, die weggeworfene Strumpfmaske eines Räubers - das soll künftig genügen, um einen Polizeihund auf die Spur des Gesuchten zu setzen.
»Eine tolle Sache!«, lobte gestern NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP), der sich in Stukenbrock über die Hundeausbildung der Polizei informierte und »Dr. Quincy« und »Dr. Watson« bei der Ausbildung beobachtete. »Wenn ich sehe, was die beiden nach fünf Monaten schon können, bin ich überzeugt, dass die Hunde uns irgendwann zu ungeahnten Ermittlungserfolgen verhelfen werden«, sagte Wolf.

Artikel vom 04.04.2007