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Grabstein statt Edelstein

Asche des Vaters darf nicht in einen Diamanten

Wiesbaden (dpa). Vor dem Amtsgericht Wiesbaden ist eine junge Frau mit dem Wunsch gescheitert, die Asche ihres gestorbenen Vaters in einen Diamanten pressen zu lassen.

Gegen den Plan der 19-Jährigen hatte die Mutter des Toten Einspruch erhoben. In einem Eilverfahren gab das Gericht gestern der 86-Jährigen Recht: Die Urne bleibt in Wiesbaden und darf vorerst nicht zu einem Spezialunternehmen in die Schweiz gebracht werden, das aus Totenasche Edelsteine fertigt.
»Ein großartiger Mensch« sei ihr Vater gewesen, sagte die 19- Jährige. Deshalb wolle sie ihn auch nach seinem Tod immer bei sich tragen - und zwar nicht nur im Herzen, sondern auch als Diamant an einem Ring oder einer Kette. Ihre Großmutter möchte dagegen eine konventionelle Beisetzung. Dies habe sich ihr Sohn so gewünscht.
Maßgeblich für den Gerichtsentscheid über Grab- oder Edelstein war der letzte Wille des Verstorbenen. Nach Auskunft der Tochter äußerte ihr krebskranker Vater im November 2006 den Wunsch, nach seinem Tod zu einem Diamant gepresst zu werden. Ihre Großmutter versicherte dagegen, ihr Sohn habe einen Monat später nach einem Besuch des Familiengrabs gesagt, er werde dort auch bald liegen. »Wir verstehen diese Aussage so, dass der Wille des Verstorbenen eine normale Bestattung war«, sagte der Anwalt der 86-Jährigen. Das Gericht folgte dieser Interpretation.
Offen bleibt aber die Frage, ob es generell zulässig ist, Totenasche aus Deutschland ins Ausland zu bringen, um sie dort zu Diamanten pressen zu lassen. »Das Friedhofsrecht stammt aus dem Jahr 1964«, erklärte Gerichtssprecher Rainer Schmidt. Folglich seien Bestattungsformen, die heute technisch realisierbar sind, nicht erfasst.
Während die Angelegenheit juristisch umstritten ist, lehnen die großen Kirchen in Deutschland diese Art der Beisetzung ab. Die Totenruhe sei nicht gewährleistet, sagte der Sprecher der Evangelischen Kirche in Südnassau. Er könne sich aber vorstellen, dass Angehörige zumindest einen kleinen Teil der Asche aufbewahrten oder zu einem Diamanten umwandeln ließen.
Die katholische Kirche sieht die Angelegenheit strenger. »Tote zu Schmucksteinen zu verarbeiten, steht in klarem Widerspruch zu christlicher Trauer- und Erinnerungskultur«, sagte der Sprecher des Bistums Limburg. Der Prozess sei mit den Vorstellungen der katholischen Kirche von der Würde des Menschen und der Ruhe der Toten nicht vereinbar.

Artikel vom 04.04.2007