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Reflexionen über das Leben

Ben Becker als einsamer Journalist

ARD, 20.15 Uhr: Der Hamburger Journalist Emanuel Goldfarb hat eine Einladung auf dem Tisch liegen. Sie stammt von einem Schuldirektor namens Gebhardt, der gerne jemanden als Gast in seiner Schule hätte, der über sein Leben als Jude in Deutschland sprechen soll.

Goldfarb formuliert daraufhin eine Absage und spricht seine Begründung in ein Diktiergerät. 90 Minuten lang rechnet er ab: Mit sich, seiner Umwelt, mit Deutschland und seinem Leben. Aus diesem Monolog besteht der Kinofilm »Ein ganz gewöhnlicher Jude« mit Ben Becker in der Hauptrolle.
Goldfarb sitzt in seiner Hamburger Wohnung und sucht nach Worten: »Ich will die Sonderrolle nicht haben. Nicht im Schlechten und nicht im Guten. Ein ganz gewöhnlicher Mensch möchte ich sein. Ein ganz gewöhnlicher Jude«, spricht er auf Band. Goldfarb provoziert, er ist verbittert und selbstgerecht, traurig und einsam.
Auf das gleichnamige Buch von Charles Lewinsky war Regisseur Oliver Hirschbiegel (»Der Untergang«) bereits vor mehr als vier Jahren gestoßen, hatte es wegen anderer Projekte aber zunächst beiseite gelegt.
Ben Becker stand für den Regisseur schnell für die Rolle Goldfarbs fest, auch wenn er den in Berlin lebenden Schauspieler erst überzeugen musste. »Ich habe mich bei ihm beworben«, sagt Hirschbiegel. Der blonde Becker sei für ihn zwar die sperrigste, aber auch spannendste Besetzung gewesen.
»Man hat mir das Buch zugeschickt. Und ich habe es gelesen und gedacht: Oh hoppla, was ist das denn«, erinnert sich Becker an seine erste Begegnung mit dem Text. Für ihn war der Stoff eine schwierige Aufgabe. »Es ist eine große schauspielerische Herausforderung zu sagen, ich trage 82 Seiten Text in anderthalb Stunden alleine vor.« Teils stand er an einem Tag zwölf Stunden vor der Kamera, feilte mit Hirschbiegel an jeder einzelnen Einstellung, bis sie perfekt saß.
Der Film hat Becker verändert, das Thema sei ihm im Laufe der Dreharbeiten sehr viel näher gekommen. »Die Rolle werde ich überhaupt nicht mehr los. Das war ein einschneidendes Erlebnis. Man träumt das, man nimmt es mit ins Bett. Das lässt einen nicht mehr los. Das kann man mit niemandem teilen«, erzählt er.

Artikel vom 04.04.2007