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Die Geschichte von »18 Kaninchen«
Copán steht in der Dichte der Skulpturen an erster Stelle aller Mayastädte
Nach vier Stunden Fahrt durch liebliches Bergland ist der Ort erreicht, der als wichtigster Grund gilt, Honduras zu besuchen: Copán.
In der Blütezeit lebten hier etwa 24 000 Menschen. Ohne Zweifel steht sie an erster Stelle aller Mayastädte, was die Vielzahl der Skulpturen, Altäre und Stelen anbelangt. Auf den meisten dieser Stelen ist der 13. Mayaherrscher abgebildet, der als »König der Künste« in die Geschichte eingegangen ist.
Es war im Jahr 426, als Yax Kuk Mo (»Blauer Quetzal-Ara«) die Copán-Dynastie begründete. Doch was heute den Touristen gezeigt werden kann, dreht sich fast alles um den Regenten mit dem poetischen Namen »18 Kaninchen«. Die Wissenschaft benutzt nur noch seinen Maya-Namen Waxaklahun Ubah, aber die Übersetzung ist plastischer. Der Glaube an die übernatürliche Abstammung seiner Familie verlieh ihm seine weltliche und religiöse Macht. Und natürlich war es von Vorteil, den ruhmreichen Taten der Ahnen noch ein paar eigene hinzuzufügen.
Der Dynastie von Copán war es jedenfalls gelungen, ihr kleines Reich als Handelszentrum wirtschaftlich stark und politisch einflussreich zu machen. Doch im Krieg mit einem Nachbarstamm kam er ums Leben.
Nach seinem Tod baute sein Nachfolger eine riesige Treppe. Auf ihr wurde in unzähligen Glyphen die Geschichte Copáns und von »18 Kaninchen« erzählt. Es ist die größte zusammenhängende Maya-Inschrift, die man bisher gefunden hat.
Als die Herrscher Copáns noch aus einer vollen Staatskasse schöpfen konnten, suchte jeder, sich durch neue Gebäude zu verewigen, mit denen er die seiner Vorgänger möglichst prächtig überbaute. Unter den Häusern waren die Ahnen begraben. Die verschiedenen Epochen der Stadtgeschichte liegen also übereinander.
Die Forscher müssen Tunnel durch die Steinberge graben, um einen Eindruck der Bauwerke früherer Zeiten zu kommen, und um ihre Inschriften lesen zu können. Der geheime Traum jedes Archäologen ist hier wahr geworden: die Entdeckung historischer Schätze. Feuchte stickige Luft, von ein paar Funzeln schwach erhellte Düsternis - aber alle Anstrengungen waren vergessen angesichts so gut erhaltener Wandreliefs mit so leuchtenden und intensiven Farben. Oder schlicht: Bilder von atemberaubender Schönheit.
Bilder aber, die kaum jemand zu sehen bekommt. Nach ein paar Wochen fielen Stuck und Farbe in der feuchten Luft von den Wänden, daher mauerte man alles wieder zu. Ein Gefühl von Vergänglichkeit beschleicht die Betrachter, der vor den verschlossenen Eingängen inmitten des Ruinenfeldes steht.
Nicht groß, aber fein sind die Häuser im Viertel der Reichen - jedenfalls im Vergleich zu den Flechtwandhütten der Armen. Und es war sicher auch ein Privileg, seinen Kakao aus so einer mit Glyphen bemalten Schüssel trinken zu dürfen. Zum Brennen solcher Becher haben schon einige Bäume dran glauben müssen. Hauptenergieträger und meistverwendeter Baustoff war das Holz. So begann die ökologische Misere schon vor gut 1000 Jahren. Vom Maisanbau - Monokultur durch Jahrhunderte - waren die Böden erschöpft, nach dem Abholzen der Wälder kam die Erosion hinzu, die Landschaft verkarstet.
Auch das wird zum Untergang der Maya-Kultur beigetragen haben. In ihrem traditionellen Siedlungsgebiet verlieren sich ihre Spuren bald nach dem Jahr 800 unserer Zeitrechnung. Thomas Albertsen

Artikel vom 14.04.2007