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Studierende stellen
Steckbrief ins Internet

Kontaktbörse überwindet Anonymität an der Uni

Von Anna Herbst
Bielefeld (WB). Julia studiert in Bielefeld. Sie hat 15 Freunde an ihrer Uni und 62 an anderen Universitäten. Einer von ihnen ist Nico. Er studiert in Paderborn und kennt Caro aus Köln, Caro ist mit Bernd aus München vernetzt und Bernd mit Julia aus Bielefeld. Wer jetzt nur Bahnhof versteht, kennt www.studivz.de noch nicht.

Das Studiverzeichnis (Studivz) ist eine Internetplattform für Studenten. Das ist nicht ungewöhnlich, doch wer sich die Mitgliederzahlen des Onlinenetzwerkes ansieht, wird neugierig. 1,8 Millionen Studenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich seit dem Start von Studivz im Februar 2006 auf der Internetseite angemeldet. Das sagte Studivz-Pressesprecher Julian Artopé dieser Zeitung. Damit ist fast jeder zweite Student Mitglied des Onlinenetzwerkes. Täglich kommen 7000 bis 10 000 neue Anmeldungen hinzu.
Jeder Nutzer erhält im Studivz eine eigene Seite, auf der er sein Profil erstellen kann. Dort sind dann unter anderem Universität, Studiengang, Hobbys und Lieblingslieder des »Studis« zu lesen. Fotoalben mit Bildern von der letzten Party oder dem Sommerurlaub unterstreichen den Internet-Steckbrief. Auf einer Pinnwand können Grüße und Nachrichten hinterlassen werden. 50 Prozent der »Studis« nutzen die Internetseite täglich, 80 Prozent mindestens einmal pro Woche, berichtete Artopé.
»Wer ist die hübsche Blonde aus der Kantine?« oder »Welche Musik hört eigentlich mein Chemie-Kommilitone?«. Fragen, die sich auf Studivz.de schnell beantworten lassen. Macht das die Internetplattform so beliebt? »Wir tragen erheblich dazu bei, dass sich die Anonymität an den Universitäten verringert«, sagte Artopé. Studivz helfe den Studenten sich zu organisieren. Wer Gleichgesinnte sucht, kann sich auf der Internetseite in Gruppen zusammenschließen. Kaum eine Fakultät, die sich nicht im Studivz wiederfindet. Gemeinsame Lerngruppen, Wohnorte, Urlaubsziele oder die Stammkneipe geben Anlass eine Gruppe zu gründen oder ihr beizutreten. Aber auch Gemeinschaften wie »Ich heiße Lisa und das ist gut so!«, »Ringelsocken machen glücklich«, »Meine Vorlesungszeiten kollidieren mit meinen Schlafzeiten« und »Warum Treppen, wenn Rolltreppen von alleine treppen?« haben oft mehrere tausend Mitglieder. Insgesamt existieren mehr als 560 000 Gruppen. »Nach SMS und E-Mail sind wir für viele zum wichtigsten Kommunikationsmittel geworden«, meint Artopé.
Angefangen hat der »Vernetzungs-Boom« unter den Studenten vor gut einem Jahr in der Wohngemeinschaft von Ehssan Dariani (26). Zusammen mit Michael Brehm (27) und Dannis Bemmann (28) entwickelte der Student das Konzept von Studivz.de. »Es sollte eine Plattform entstehen, die das Leben an den Unis angenehmen macht. Dass daraus eines der größten internetbasierten Netzwerke Europas wird, hätten wir nie gedacht«, sagte Artopé. Heute beschäftigt Studivz in Berlin 70 Mitarbeiter, die sich um Unterstützung und Entwicklung kümmern. In Zukunft soll sich die Internetplattform auf ganz Europa ausdehnen. Polen, Italien, Frankreich und Spanien haben bereits jeweils ein eigenes Studivz, die in Zukuft miteinander verbunden werden sollen.
So kann Julia aus Bielefeld demnächst auch die Fotos von Juan aus Madrid anschauen und mit ihm eine Spanisch-deutsche-Freundschaftsgruppe gründen.

Artikel vom 04.04.2007