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Klima-Abgabe auf Flugtickets

Umweltexperten der Koalition fordern Aufschlag von ungefähr 10 Euro

Berlin (ddp). In der Klimaschutzdebatte erwärmt sich die Koalition für die Idee einer Zusatzabgabe auf Flugtickets. Politiker von Union und SPD plädierten am Donnerstag für eine solche Abgabe, um mit den Einnahmen Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren.
Katherina Reiche: »Flugverkehr in den Klimaschutz einbeziehen.«
Die Umweltministerin von Baden-Württemberg, Tanja Gönner (CDU), schlug eine Abgabe »im hohen einstelligen oder niedrigen zweistelligen Bereich« vor, also um die zehn Euro herum. Der Obolus sollte nicht nur für Billigtickets, sondern für alle Flugscheine gelten. Die Einnahmen könnten für Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland oder in den Entwicklungsländern genutzt werden, sagte Gönner.
Unions-Fraktionsvize Katherina Reiche forderte die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Klimaschutz. »Deshalb soll es künftig einen moderaten CO2-Aufschlag auf den Ticketpreis geben«, sagte die CDU-Politikerin. Sie verwies darauf, dass allein der Flughafen Frankfurt am Main ein Jahresaufkommen von mehr als 50 Millionen Passagieren hat.
Auch in der SPD gibt es Sympathien für die Idee. »Wenn wir bei einer europaweiten Kerosinsteuer nicht vorankommen, dann ist eine Klimaabgabe auf Flugtickets eine gute Möglichkeit«, sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber. Es sei nicht hinzunehmen, dass sich Fluggäste bisher kaum an den Umweltkosten beteiligen müssten. Nach Kelbers Vorstellungen sollte die Abgabe Entwicklungsländern zugute kommen sowie nach Flugklasse und Flugentfernung gestaffelt werden.
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) steht einer CO2-Abgabe auf Flugtickets ebenfalls aufgeschlossen gegenüber. Man müsse über alle Instrumente, auch über eine Flugticket- oder CO2-Abgabe, nachdenken, sagte sie.
Über eine Abgabe auf den Flugpreis als »innovatives Finanzierungsinstrument« zur Aufstockung der Entwicklungshilfe wird seit Jahren im Kreis der sieben führenden Industrieländer und Russlands (G-8) diskutiert. Die »Ticket-Tax« war eines der Themen beim Weltwirtschaftsgipfel im Jahr 2006.
Deutschland stand dem anfangs positiv gegenüber. Eine gemeinsame Haltung der G-8 gab es aber nicht. Vielmehr wurde das Thema zunächst von den EU-Finanzministern verfolgt. Die überließen es den Mitgliedstaaten, ob und wann die Abgabe erhoben wird. In Großbritannien gibt es schon seit längerem eine Ticket-Besteuerung. Eingeführt wurde sie auch in Frankreich. Weitere Länder wie Chile, Brasilien, Norwegen und Belgien haben Gleiches beschlossen.
Kurz vor der Veröffentlichung des zweiten Teils des UN-Klimareports erinnerte Wieczorek-Zeul zugleich die Industrieländer an ihre Verantwortung. »Das Schlimme ist, dass diejenigen betroffen sind, die selbst nicht zum Klimawandel beigetragen haben. Und deshalb sind die Industrieländer verpflichtet, zu helfen und zu handeln.«
Im Streit um die Rolle der Atomenergie in der Klimadebatte verwies die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW darauf, dass sich die Nutzung der Kernkraft zunehmend klimaschädlich auswirke. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge emittiere die Atomenergie schon heute bis zu einem Drittel soviel CO2 wie Gaskraftwerke.
Die IPPNW begründete dies mit dem wachsenden Einsatz fossiler Energieträger beim Uranbergbau. Von 2050 an werde die Kernkraft laut der Studie britischer Wissenschaftler so klimaschädlich sein wie Gaskraftwerke.

Artikel vom 06.04.2007