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Gegen das falsche
Pathos des Ghettos

Schüler-Drama »Freedom Writers«


Die Wilson High School in Long Beach (Kalifornien) im Schuldrama »Freedom Writers« ist genauso, wie man sie in Hollywood-Filmen erwartet: Schüler, die keinerlei Respekt vor ihren Lehrern haben, im Klassenzimmer machen, was sie wollen und sich in ethnischen Banden bekriegen. Die meisten Lehrer haben längst aufgegeben, ihnen etwas beibringen zu wollen. Nur die neue Englischlehrerin Erin Gruwell (Hilary Swank) will nicht kapitulieren. Mit ungewöhnlichen Methoden schafft sie es, die Schüler zu bändigen und ihr Interesse an Literatur zu wecken. Sie stellt »Das Tagebuch der Anne Frank« dem falschen Ghetto-Pathos gegenüber, mit dem die Kids ihre negative Einstellung zu Schule und Leben rechtfertigen.
Zunächst ist Gruwell allerdings genauso hilflos wie die anderen Lehrer. In ihrer ersten Unterrichtsstunde muss sie wegen einer Schlägerei gleich den Sicherheitsdienst rufen. Die Wende bringt schließlich eine rassistische Zeichnung, die in der Klasse die Runde macht. Sie zeigt einen schwarzen Schüler mit extrem dicken Lippen. Da platzt Gruwell der Kragen: Sie erzählt den Kids, dass auch die Nazis Karikaturen von Juden verbreiteten und die Deutschen so auf den Holocaust vorbereiteten. Aus den verdutzten Gesichtern der Kids schließt sie, dass diese keine Ahnung vom Genozid an den Juden haben. Hier hat der Film eine seiner stärksten Szenen: Die Lehrerin fragt die Jugendlichen, wer von ihnen schon einmal eine Schießerei erlebt hat.

Artikel vom 05.04.2007