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Paul-Gerhardt-Kirche ist
entwidmet worden

Besetzer laden trotzdem Sonntag zum Gottesdienst ein


Gerhard Hülsegge
(Text und Foto)
Bielefeld (WB). »Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.« Mit diesem Bibelzitat (Apostelgeschichte, Kapitel 5) haben die Besetzer der Paul-Gerhardt-Kirche am Freitag auf die offizielle Entwidmung des Gotteshauses reagiert.
Das Landeskirchenamt hat den Beschluss des Bevollmächtigtenausschusses der Neustädter Mariengemeinde vom 26. März genehmigt, in der Kirche an der Detmolder Straße keine regulären Gottesdienste mehr stattfinden zu lassen. Damit ist der Weg frei für andere Nutzungen, die nicht im Widerspruch zur ursprünglichen Bestimmung der Kirche stehen. Der Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises Bielefeld hat der Entwidmung am Donnerstag zugestimmt, weil die Paul-Gerhardt-Kirche an die Jüdische Kultusgemeinde verkauft werden soll.
»Die Verhandlungen werden fortgeführt«, betonte Superintendentin Regine Burg bei einer Pressekonferenz am Freitag. Mit der Besetzung des Paul-Gerhardt-Gebäudes solle die Gemeinde- und Kirchenkreisleitung gezwungen werden, sich der »Willkür einer kleinen Gruppe« zu beugen, heißt es in einer Erklärung des Kirchenkreises. Gleichwohl betonte Superintendentin Burg: »Unsererseits besteht nach wie vor Gesprächsbereitschaft, wenn wir denn angesprochen werden.«
Die Besetzung der Kirche erfüllt nach Angaben des Rechtsdezernenten der Evangelischen Kirche von Westfalen, Dr. Arno Kupke, den Tatbestand des Hausfriedensbruchs. Weitere Anzeigen als die gegen fünf namentlich bekannte Besetzer (wir berichteten) würden aber nicht erstattet. Eine gewaltsame Räumung der Kirche mit Unterstützung der Polizei steht nach Aussage von Andreas Duderstedt, Pressesprecher der Evangelischen Landeskirche von Westfalen, zurzeit »nicht zur Debatte«.
Die Besetzer der Paul-Gerhardt-Kirche, die sich gegen ihre Kriminalisierung verwahren, sollen sich nach dem Willen des Kirchenkreises konstruktiv am Gemeindeleben der vereinigten Neustädter Marien-Kirchengemeinde beteiligen, wo laut Pfarrer Alfred Menzel an diesem Sonntag auch der »einzige Gottesdienst der Gemeinde« stattfindet.
Die Bürgerinitiative, die die Paul-Gerhardt-Kirche besetzt hält, plant jedoch an diesem Sonntag, 1. April, 10 Uhr, einen eigenen Gottesdienst und lädt alle Christen dazu ein. Kirchenleitung, Superintendentin und der Bevollmächtigtenausschuss der Neustädter Mariengemeinde werden aufgefordert, »gemeinsam mit der Initiative nach konstruktiven Lösungen für den Konflikt um die Paul-Gerhardt-Kirche zu suchen.« Die Handelnden der Mariengemeinde sollten zu ihren eigentlichen Aufgaben zurückkehren und die Seelsorge für die Gemeindeglieder wahrnehmen.

Artikel vom 31.03.2007