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London sucht nach Kompromiss mit Iran

Bush: »Gefangene britische Soldaten sind Geiseln«

London/Teheran (dpa). Trotz gewalttätiger Proteste vor der britischen Botschaft in Teheran und scharfer Geiselnahme-Vorwürfe aus den USA haben Großbritannien und der Iran den diplomatischen Gesprächsfaden in der »Soldatenkrise« nicht abreißen lassen.
London suche in der Krise um die Gefangennahme von 15 britischen Marineangehörigen nach einem Kompromiss, verlautete gestern aus Regierungskreisen. Damit solle es Teheran ermöglicht werden, die am 23. März gefangen genommenen Seeleute ohne Gesichtsverlust freizulassen, hieß es in Medienberichten.
Großbritannien verhandelt nach den Worten seines Verteidigungsminister Des Browne jetzt direkt mit dem Iran über eine Freilassung der dort gefangenen britischen Soldaten. »Wir stehen in direkten bilateralen Gesprächen mit den Iranern«, sagte Browne dem Sender BBC am Rande eines Besuches in Afghanistan. »Wir sind sehr darauf bedacht, dass diese Angelegenheit so schnell wie möglich und auf diplomatischem Wege gelöst wird«, betonte der Minister.
Bei der Protestaktion vor der britischen Botschaft warfen radikale Islamstudenten kleinere Brandsätze sowie Steine. Iranische Sicherheitskräfte gingen jedoch gegen Gewalttäter unter den mehreren hundert Demonstranten vor. Kein Diplomat sei verletzt worden, und es sei kein Schaden auf dem Botschaftsgelände angerichtet worden, erklärte in London ein Sprecher des Außenministeriums.
Die Demonstranten riefen in Sprechchören »Tod für England!« sowie »Tod den USA!« und verlangten, dass London sich beim Iran für das angebliche Vordringen der 15 Soldaten in iranische Hoheitsgewässer entschuldigt. Zuvor hatte US-Präsident George W. Bush in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme zu der Krise gefordert: »Der Iran muss die Geiseln freilassen.«
Er unterstütze Bemühungen von Premierminister Tony Blair, die Krise mit diplomatischen Mitteln zu lösen, sagte Bush in Camp David, warf dem Iran aber »unentschuldbares Verhalten« vor.
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad beschuldigte London am selben Tag der Arroganz. Er bekräftigte den Vorwurf, die britischen Soldaten seien in iranische Hoheitsgewässer eingedrungen. London hätte sich dafür eigentlich entschuldigen müssen, sagte Ahmadinedschad, ohne jedoch ausdrücklich und neuerlich darauf zu bestehen. Politische Beobachter würden darin ein Zeichen der Hoffnung für eine mögliche Verhandlungslösung sehen, hieß es beim Fernsehsender BBC.
Die konservative Zeitung »The Sunday Telegraph« berichtete, im Krisenstab der Regierung werde unter anderem ein öffentliches Versprechen an den Iran erwogen, wonach Großbritannien dessen Hoheitsgewässer »jetzt und auch in Zukunft« respektiere. Dafür könne ein Marineoffizier nach Teheran entsandt werden.
Außenministerin Margaret Beckett hatte am Samstag gesagt: »Was wir wollen, ist ein Ausweg, und zwar friedlich und so schnell wie möglich.« In zahlreichen Kirchen Großbritanniens beteten am Palmsonntag Gläubige für die gefangenen Soldaten.
Derweil gab es zwischen der EU und dem Iran erste Kontakte auf Arbeitsebene. Der Mitarbeiterstab von EU-Chefdiplomat Javier Solana habe Kontakt mit dem direkten Umfeld des Vorsitzenden des Nationalen Sicherheitsrats, Ali Laridschani, aufgenommen, berichteten EU-Diplomaten. Die EU-Außenminister hatten sich bei ihrem Treffen in Bremen in einer Erklärung hinter die britische Forderung nach Freilassung der Soldaten gestellt. Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte dies als »klares Signal« an Teheran.

Artikel vom 02.04.2007