02.04.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Die Zeit«, 15. März 2007

»Tyrannen können aufatmen. Nach dem Irak-Desaster ist vielen im
Westen Stabilität wieder wichtiger als Freiheit.«

Leitartikel
»Friedensprozess«, Runde X

Wer treibt eigentlich
die UNO?


Von Rolf Dressler
Niemand vermag zu sagen, zum wievielten Mal binnen quälender Krisen-Jahrzehnte versucht worden ist, die verschiedenen nahöstlichen Brandherde zumindest einzudämmen. Auf dauerhafte Friedfertigkeit hüben und drüben wagen die Kontrahenten ohnehin noch immer nicht wirklich zu hoffen.
Der Hauptgrund dafür besteht bis heute nahezu unverändert fort: Praktisch allen maßgeblichen arabisch-islamischen Nachbarn ist die Gründung des Staates Israel im Jahre 1949 nicht nur ein bleibend dicker Dorn im Auge, sondern ein schmerzhafter Stachel. Er lässt ihnen die Juden als Todfeinde erscheinen, die es allesamt ins Meer zu werfen gelte.
Eine solche Triebfeder schürt immer aufs Neue unbändigen Hass. Sie ist - jedenfalls in der Gegenwart unserer Tage - ohne Beispiel, wenngleich auch in zahlreichen anderen Welt-Unruheregionen Herrschsucht und massenmörderische Gewalt entsetzlich-ste physische und seelische Verwüstungen anrichten.
Jedes einzelne Opfer ist eines zuviel. Man sollte sich diesen vermeintlichen Gemeinplatz öfter einmal ins Gedächtnis rufen, weil die Maßstäbe sonst völlig verschwimmen und aus dem Ruder laufen. Zudem kann die eigene Urteilskraft bei der Einordnung von Gut und Böse schleichend schwinden.
Jedes Bemühen, die Spirale von Terror und militärischen Gegenschlägen anzuhalten, ist ehrenwert. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht gegenüber der israelischen wie der palästinensischen Führung vom »Nahost-Konflikt« und vom »Friedensprozess«. Nur, wie oft schon haben hasstriefende Politiker und Selbstmordattentäter als »heilige Krieger« im Namen Allahs diese mühselige Friedenssuche grausam gestoppt?
Das übrigens lenkt den Blick auf ein Ungleichgewicht:
- 429 von 690 Resolutionen der UN-Vollversammlung allein bis zum Jahre 1990 waren gegen Israel gerichtet.
- Schlagseite auch beim UN-Weltsicherheitsrat. Von dessen 175 Resolutionen allein bis zum Jahre 1990 verurteilten 97 Israel. Der Staat der Juden ist der absolut einzige der 191 UN-Mitgliedsländer, den die Vereinten Nationen weltöffentlich ausdrücklich als »nicht-friedliebend« brandmarken, jedoch weder Ruanda, Sudan, Pakistan, Nigeria, Syrien oder vordem China und den Irak Saddam Husseins.
Mitglieder der UN-Menschenrechtskommission sind ausgerechnet auch China und Kuba. Israel aber wird die Mitgliedschaft als einzigem Land verwehrt - aus fadenscheinigem Grund: Es gehört keiner der fünf UN-Regionalkommissionen an, die die fünf Kontinente repräsentieren.
Israels Anti-Terror-Sicherheitszaun um das Westjordanland geißeln die UN als »illegal«, nicht hingegen die viel längeren ähnlichen Abwehrwälle etwa Marokkos in der Westsahara oder Indiens an der Grenze zu Pakistan.
Wer darauf hinweist, billigt noch längst nicht alles, was auch Israel sich kritisch anlasten muss.

Artikel vom 02.04.2007