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Gegen »staatliches Lohndiktat«

BVMW-Präsident Mario Ohoven prüft Klage gegen Mindestlohn-Gesetz

Bielefeld (WB). »Unternehmer beziehen im Mittelstand teilweise weniger Gehalt als ihre leitenden Angestellten«, sagt Mario Ohoven, Chef des Bundesverbandes für mittelständische Wirtschaft (BVMW), im Gespräch mit Bernhard Hertlein.

Die Manager-Bezüge in den Dax-Unternehmen sind 2006 um 17 Prozent angestiegen. Wie verhält es sich mit den Gehältern mittelständischer Unternehmer bzw. ihrer leitenden Angestellten?Ohoven: Die Lage im Mittelstand hat sich erfreulicherweise in den vergangenen Monaten deutlich verbessert. Allerdings haben die kleinen und mittelständischen Firmen eine Reihe schwerer Jahre hinter sich. Mehr als 100 000 Insolvenzen in drei Jahren sind da nur die Spitze des Eisbergs. Daraus ergibt sich ein hoher Kapitalbedarf für Investitionen. Die Eigenkapitalausstattung liegt in Deutschland bei nur zwölf Prozent. In den neuen Bundesländern arbeiten viele Betriebe ganz ohne Eigenkapital. Das ist im internationalen Vergleich und auch im Blick auf die neuen Kreditrichtlinien von Basel II nicht mehr tragbar. Deshalb haben Firmeninhaber, selbst wenn sie es wollten, überhaupt keinen Spielraum, größere Summen zu entnehmen.

    Und leitende Angestellte?Ohoven: Da sieht die Situation etwas anders aus. Der Fachkräftemangel zwingt den Mittelstand dazu, sich an das Gehaltsniveau der Industrie anzupassen, da ihm sonst die besten Mitarbeiter davonlaufen. Vielfach ist es so, dass die leitenden Angestellten im Mittelstand höhere Gehälter kassieren als der Unternehmer selbst.

Sind die deutschen Konzernmanager dieses Geld wert?Ohoven: Gemessen an der persönlichen Verantwortung, die sie tragen, nicht. Schlimmstenfalls wird ein Konzernmanager, wenn er schlecht gearbeitet hat, mit einer üppigen Abfindung an das nächste Unternehmen weitergereicht. Die Zeche zahlt, sobald es zu Entlassungen kommt, die Belegschaft. Was speziell die Vorstände betrifft, so stehen deren Einkommen oft nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis zu den Löhnen und Gehältern ihrer Mitarbeiter. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass ein Vorstand das Zehn-, Zwanzig- oder sogar Dreißigfache eines leitenden Angestelltens verdienen soll. Schließlich haftet ein Mittelständler zumeist mit seinem Hab und Gut für eventuelle Fehlentscheidungen.

Wie bewerten Sie die aktuellen Lohnforderungen der Gewerkschaften?Ohoven: Sie sind übertrieben. Für einen großen Schluck aus der Pulle fehlt einfach das Geld. Mehr Augenmaß wäre angebracht. Lohnsteigerungen sollten sich auf eine Anpassung an die Produktivitätsentwicklung beschränken. Der Hinweis auf die Mehrwertsteuererhöhung ist unzulässig. Schließlich wurden bislang bei keiner Steuersenkung anschließend die Löhne nach unten korrigiert.

Aber die Produktivität entwickelt sich doch von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich.Ohoven: Genau deshalb muss der Flächentarifvertrag noch viel flexibler werden. Am besten wären individuelle Lösungen für jeden Betrieb.

Was halten Sie von der Forderung nach Mindestlöhnen?Ohoven: Mindestlöhne würden die Arbeitskosten für einfache Tätigkeiten erheblich verteuern. Zwangsläufige Folge wäre der Wegfall dieser Jobs oder die Verlagerung ins Ausland. Auch würde durch ein solches staatliches Lohndiktat die Schwarzarbeit erheblich zunehmen. Der Mittelstand wird sich deshalb mit allen Mitteln, also auch juristisch, gegen ein solches Gesetz zur Wehr setzen. Wir sind uns da einig mit praktisch allen Wirtschaftsforschungsinstituten. Aber den Politikern ist die Meinung der Fachleute offenbar egal.

Artikel vom 31.03.2007