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»Wir waren keine Götter,
und vieles ging daneben«

Johano Strasser stellte seine neue Autobiografie vor


Von Uta Jostwerner (Text und Foto)
Bielefeld (WB). »Natürlich waren wir keine Götter, und vieles ist gründlich daneben gegangen«, sagt Johano Strasser. Den Titel seiner im Februar erschienenen Autobiografie »Als wir noch Götter waren im Mai« möchte der Publizist und Politologe Strasser (67) daher auch ironisch verstanden wissen. Indes, »was uns junge Leute der jungen Bundesrepublik auszeichnete, war ein hohes Maß an Zuversicht und Schwung. Das hat nachhaltig geholfen, dass aus der Bundesrepublik eine normale westliche Demokratie werden konnte«, meint der Präsident des deutschen PEN-Zentrums.
In seinem jüngsten Werk legt der kosmopolitische Querdenker ein subjektives Zeugnis der deutschen Nachkriegsgeschichte ab. Er beschreibt seinen Weg von der Außerparlamentarischen Opposition (APO) über die Jusos in die Grundwerte-Kommission der SPD. Und er schildert Begegnungen mit Weggefährten wie Patrick Süskind, Willy Brandt, Günter Grass, Heinrich Böll und Carola Stern.
Was seine Autobiografie von einschlägigen Exemplaren anderer 68-er-Revoluzzer unterscheide, sei der kosmopolitische Hintergrund sagt Strasser. »Ich bin ein entschlossener und leidenschaftlicher Europäer«, betont er, der aus einer internationalen Familie stammt und dem es stets darum ging, »Ungerechtigkeiten aus der Welt zu schaffen.«
Das Werk hat er seinen drei Kindern (42, 25, 22 Jahre alt) gewidmet. »Ich hoffe, dass junge Menschen den Gewinn daraus ziehen können, dass politisches Engagement keine Lebensverfehlung ist, sondern zum Leben dazugehört. Wenn sich die Jugend nicht um eine zukunftsfähige Gestaltung ihres Europas kümmert, wird das schwerwiegende Folgen haben«, prophezeit Strasser, der unter anderem in den versiegenden Energieressourcen eine Herausforderung für das künftige Europa sieht. »Wenn das Energieproblem nicht gelöst wird, sind wir die letzte Generation, die so privilegiert gelebt hat.«
Der jungen Generation traut er die Bewältigung der Zukunftsaufgaben allen Unkenrufen zum Trotz dennoch zu. So sehe er keinen Grund, sich in Pessimismus hineinzusteigern.
Gestern Abend las Johano Strasser auf Einladung des noch jungen Vereins »Brake kulturell« im Gemeindesaal der evangelischen Kirche aus seiner Autobiografie, die alles andere als dürre Politprosa ist, sondern eine literarisch geschriebene Rückschau auf das Leben eines kritischen Geistes.
»Als wir noch Götter waren im Mai« ist im Pendo-Verlag erschienen und kostet 19,90 Euro.

Artikel vom 31.03.2007