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Paul-Gerhardt:
Strafanzeige
gegen Besetzer

Kirche sieht Vorwurf der Nötigung

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Foto)
Bielefeld (WB). Die evangelische Kirchengemeinde Neustadt-Marien hat jetzt Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gegen fünf namentlich bekannte und weitere Personen erstattet, die seit Sonntag die Paul-Gerhardt-Kirche besetzt halten. Mit einer kurzfristigen Räumung ist trotzdem nicht zu rechnen.

Laut Kirchenkreis ist im Zusammenhang mit der Kirchenbesetzung von der Staatsanwaltschaft auch der Vorwurf der Nötigung zu prüfen. »Wir werden jetzt nicht die Pferde satteln«, meinte Polizeisprecher Michael Waldhecker zur Strafanzeige. Um staatlicher Gewalt anzuwenden, sei eine Räumungsklage erforderlich. Auch die Besetzer an der Detmolder Straße reagierten gelassen und kommentierten die Aktion der Immobilienbesitzer sogar mit Spott. »Toll, jetzt trauen sie sich wenigstens was«, meinte Eitel Riefenstahl.
Er und die weiteren Mitglieder jener Bürgerinitiative, die den Verkauf der Paul-Gerhardt-Kirche nicht nur an die Jüdische Kultusgemeinde, sondern generell verhindern wollen, erhielten gestern wieder reichlich Besuch. Zum Beispiel von einem Heeper Unternehmer, der 500 Euro spendete, und Margarete Pöld (83), der Ehefrau des Pfarrers i.R. Thomas Pöld (87) aus der Gustav-Adolf-Gemeinde.
»Im Kampf solidarisch« zeigten sich außerdem drei Vertreter des Jüdischen Kulturzentrums von der August-Bebel-Straße. »Wir respektieren ihre Gefühle und verstehen Sie sehr gut«, erklärte Lina Kayser auch im Namen von Viktor Sokolov und Rose Weinstein. Die Juden in Bielefeld bräuchten die Paul-Gerhardt-Kirche als Synagoge nicht, sondern »etwas Modernes, nicht so Großes«, möglichst ein »ziviles« Objekt.
Der Neustädter Pfarrer Alfred Menzel bedauerte unterdessen seine Aussage, bei den Besetzern handele es sich um »Verrückte« (das WESTFALEN-BLATT berichtete) als missverständlich sowie »situations- und nicht personenbezogen«.
Am kommenden Sonntag, 1. April, 10 Uhr, soll wie geplant ein Gottesdienst in der Paul-Gerhardt-Kirche stattfinden. »Wir werden singen, Psalme hören und es wird auch eine Predigt geben«, versprach Hermann E. Geller.

Artikel vom 30.03.2007