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Verzicht auf Flatrate-Partys

Bielefelder Suchtexperte: mehr Kontrollen bei Alkoholabgabe

Von Wolfgang Schäffer
Bielefeld/Berlin (WB). Knapp 6000 Menschen zwischen zehn und 20 Jahren mussten im vergangenen Jahr nach unmäßigem Alkoholkonsum zu einer Entgiftung. 30 Prozent aller Kinder unter 15 Jahren hatten schon einen Vollrausch. Die Tendenz ist steigend.
Suchtexperte Rolf Hüllinghorst aus Bielefeld.

Diese erschreckenden Zahlen nennt Rolf Hüllinghorst, Geschäftsführer der deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Eine Änderung der Gesetze hält der 63-Jährige aus Bielefeld auch vor dem Hintergrund des Alkoholtods eines 16-Jährigen in Berlin nach einer so genannten Flatrate-Party für wenig sinnvoll. »Das durchschnittliche Einstiegsalter ist inzwischen auf 13,6 Jahre gesunken. Dem steht ein erlaubtes Abgabealter von 16 Jahren gegenüber. Dieses aber werde immer seltener eingehalten und noch weniger kontrolliert.« Im Gespräch mit dieser Zeitung appellierte er nachdrücklich an Gesellschaft und Politik, das Jugendschutzgesetz so zu verstehen, wie es gemeint ist.
»Eltern müssen dabei nicht nur Vorbild sein, sondern auch einsehen, dass sie ihren Sprösslingen nicht schon mit 13 oder 14 Jahren auf einer Feier Alkohol anbieten dürfen.« In Geschäften müssten die Alters-Kontrollen an den Kassen endlich konsequent durchgeführt werden. »Wer das nicht tut, muss hart bestraft werden. Das gilt auch für Gaststättenbesitzer, die Alkohol an unter 16-Jährige abgeben.« Die Bußgeld-Obergrenze liege zwar bei 50 000 Euro, doch würde die erst nach mehrfachen Wiederholungsfällen fällig.
Zudem kritisierte Hüllinghorst die Werbung, die einerseits Alkohol immer mit Erfolg, Glück, Zufriedenheit in Verbindung bringe. Auch würden immer häufiger Alkohol und Sport in einen Zusammenhang gebracht. »Diese Signale können Kinder und Jugendliche nur falsch verstehen«, erklärt der Suchtexperte.
Dass sich der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband nach dem Tod des 16-Jährigen jetzt gegen die Flatrate-Partys ausgesprochen hat, begrüßt Hüllinghorst. »Diese Veranstaltungen begründen komplett neue Trinkgewohnheiten. Es gibt keine Regeln und keine Werte mehr. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol findet immer seltener statt.« Seien früher vor allem die Wochenenden zum Alkohlkonsum genutzt worden, fänden diese Flatrate-Partys jetzt meist mitten in der Woche statt. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 31.03.2007