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Wohin mit den Pillen?Medikamentenrückstände im Wasser festgestellt

Wohin entsorgen Bundesbürger ihre Medikamente, die sie nicht mehr einnehmen? Dieser Frage gingen Wissenschaftler des Frankfurter Instituts für sozial-ökonomische Forschung (ISOE) nach. Denn in fast allen Oberflächengewässern finden sich Rückstände von Arzneimittelwirkstoffen. In Flüssen, im Grundwasser und sogar vereinzelt in Trinkwasser werden immer häufiger Arzneimittelwirkstoffe nachgewiesen.
Der Haupteintrag erfolgt über die kommunalen Kläranlagen. Ein Teil der Wirkstoffe wird nach Einnahme unverändert ausgeschieden und gelangt so ins Abwasser. Eine Befragung sollte zeigen, ob und inwieweit die unsachgemäße Entsorgung über die Toilette oder Spüle zur Verschärfung des Problems beiträgt. 1977 Personen über 18 Jahre wurden zu ihrem Entsorgungsverhalten von nicht verbrauchten Medikamenten befragt. Die Umfrage zeigte, dass in über 90 Prozent der befragten Haushalte Medikamente vorhanden sind. Etwa 50 Prozent der Haushalte bevorraten sechs bis 20 Medikamente in ihrer Hausapotheke. 75 Prozent der Befragten räumen einmal im Jahr oder häufiger ihre Hausapotheke auf oder entsorgen nicht mehr gebrauchte Medikamente sofort.
Immerhin 16 Prozent der Befragten entsorgen nicht verbrauchte Tabletten über die Toilette, davon 3 Prozent immer oder häufig, der Rest manchmal oder selten. Reste von flüssigen Arzneimitteln werden sogar von 43 Prozent der Befragten gelegentlich und von 20 Prozent immer oder häufig über Spüle oder Toilette entsorgt. Dabei spielt der Recyclinggedanke eine Rolle - Glasbehälter werden ausgespültÊins Altglas gegeben. Für etwa zwei Drittel der Befragten hat die Empfehlung, nicht verbrauchte Medikamente an Apotheken zurückzugeben zwar Bedeutung, aber nur 29 Prozent entsorgen ihre Medikamente über diesen Weg. 16 Prozent werfen immer oder häufig Medikamente samt Verpackung in den normalen Restmüll, 27 Prozent gelegentlich oder selten.
Die Befragung habe gezeigt, dass die unsachgemäße Entsorgung von Arzneimitteln in häusliche Abwässer in deutlichem Umfang erfolge, so der Projektleiter Dr. Florian Keil vom ISOE. In der Bevölkerung herrsche offenbar Unklarheit über die sachgemäße Entsorgung. Ein einfaches und wirksames Instrument zur Verringerung der Gewässerbelastung mit Arzneimittelwirkstoffen sei daher eine verbesserte öffentliche Kommunikation. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungsprojekt »Strategien zum Umgang mit Arzneimittelwirkstoffen im Trinkwasser - start« hat daher zum Ziel, vorsorgende Handlungsstrategien zu entwickeln und möglichst viele Akteure mit einzubeziehen. Einsatzmöglichkeiten innovativer Abwasserreinigungs- und Aufbereitungsverfahren gehören genauso dazu wie Maßnahmen zur Änderung der Verschreibungspraktiken, Gebrauchs- und Entsorgungsmustern von Medikamenten. aid/ Renate Kessen

Artikel vom 06.04.2007